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Autor Thema: Der iMensch  (Gelesen 1669 mal)
wingstorm
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« am: 18.Dezember.2009, 21:06:20 »

Hallo Brüder und Schwestern Smiley

Mir ist dieser philosophische Text vor Kurzem entsprungen und ich wollte ihn euch nicht vorenthalten:

Der iMensch

'Ein Mausklick und die Welt steht dir offen!' - der Schrei der Technik, der so fesselnd wirkt. Mit Lichtgeschwindigkeit jagen Informationen um den Globus in der simplen Sprache der Technik: Eins und Null. 'Die Welt ist ein Dorf' - und es gibt viele Einwohner, welche die digitale Welt bewohnen.
Farben, Töne, Lichter und unzählige Möglichkeiten greifen nach dem Verstand der Menschen. Halt! Nein – nach ihren Emotionen.
Es ist so einfach, wirkt so vollkommen und doch... etwas fehlt. Ein neues Lied, ein neuer Film, ein neues Spiel und schon können sie sich vor einem gefürchteten Teil in ihnen verstecken oder gar von der Welt selbst.
Vor vielen Jahren half die Technik, das Leben bequemer zu machen, hat mir jemand erzählt und ich hab es erlebt. Briefe einfacher zu schreiben, Berechnungen einfacher durchzuführen. Ein universales Werkzeug entstand und setzten es bereitwillig ein. Jetzt ist das nur noch ein Nebenprodukt im sozialen Leben der Menschen. Die virtuelle Welt, die Welt der digitalen Manifestation. Sie hat sich verändert, wuchs auf, transformierte sich. Aus einem Werkzeug wurde ein Ersatz, ein Ersatz, der ein Teil der Menschen selbst geworden ist. Ob es dabei eine Symbiose zwischen Mensch und Maschine geben wird, ist nur eine Frage der Zeit und ist im Kleinen bereits geschehen. Zur Zeit tragen sie ihre digitalen Helferlein an sich und irgendwann in sich, oder?
Was ist ein Mensch? Was macht ihm zum Menschen? Ist es seine Intelligenz? Sein Drang zur Entfaltung seiner Werkzeuge? Sein unersättlicher Wille, ohne Schmerzen leben zu wollen? Macht das die Technik möglich? Was wäre, wenn es plötzlich keine digitalen Medien mehr gäbe? Wenn auf einmal die Technik versagt? Gewiss würde das viele gravierende Probleme bringen. Aber es würde den Menschen auch vor Augen halten, wie abhängig sie geworden sind. Nein, ich meine damit nicht die Erleichterung von Aufgaben, sondern das berauschende Gefühl, etwas zu kontrollieren, seinen Weltenschmerz abzuschalten und sich non-stop überschwemmen zu lassen mit angenehmen Gefühlen.
Ist es wirklich nötig, dass die Gier nach Ausgeglichenheit die Menschen dazu verleitet, um jeden Preis wieder ein weiteres dieser Spielzeuge zu erwerben? Viel versprochen und nur das Nötigste gehalten. Sie werden selbst ein Teil davon. Sie verlieren sich. Oh je!


Der Drache lebte schon lange unter den Menschen. Er erforschte sie und versuchte im Geheimen als Mensch getarnt, sich in die Schuppenlosen hinein zu versetzen.
An diesem Tag war er zu einer Höhle gereist. Die Finsternis empfing ihm, welche sich unter einen Schleier aus Rankenpflanzen verbarg. Wie ein Maul lag der Eingang zu dieser geheimen Stätte mitten in einem großen Wald – unsichtbar für jeden Menschen.
Der grüne Drache seufzte, als er in das Dunkel schritt. Er suchte Antworten. Fragen hatte er mehr als genug. Er entzündete Öllampen. Die Flammen stiegen empor und warfen ihr heißes Licht auf einen Schrein mit religiösen Figuren, die schon vor Urzeiten aus dem Fels gehauen worden waren. Ehrfürchtig kniete sich der fromme Drache nieder und sprach:

„Sag mir, weiser Bruder, was treibt die Menschen dazu? Warum lassen sie ihren Geist durch die technische Illusion schlafen? Sie sehen nichts und hören nichts. Trotzdem verstopfen sie zusätzlich ihre Sinne damit und sind völlig abgeschottet. Kann es sein, dass sie krampfhaft etwas suchen und nicht das finden, was sie eigentlich suchen? Glauben sie, Unmengen von Informationen sprengt ihre Ketten? Wissen sie nicht, aus was sie bestehen? Was sie wirklich brauchen?“

Traurig blickte der Drache auf den abgewetzten Boden, über den schon unzählige Krallen gelaufen waren.

„Ich verwandle mich in einen Menschen und lebe unter ihnen. Ich will sie näher kennen lernen und beobachte sie.“

Er schluckte und betrachtete die große Statue mit mächtigen Hörnern und Schwingen. Auf dem geschuppten Hals saß ein blank polierter Drachenkopf. Mit gütigem Ausdruck fiel sein Blick auf den glaubensstarken Drachen, der vor ihm kniete. Die beiden Öllampen spiegelten sich in den Augen der religiösen Steinfigur. Magisches trug sich zu. Der Betende spürte das und fuhr fort:

„Ich sehe den Menschen in die Augen und erschrecke. Sie sind nicht wach. So viele Menschen schlafen ihr ganzes Leben lang. Ich kann mir das nicht vorstellen. Sie hören nur auf ihren Verstand und bändigen ihre Gefühle nicht. Es macht sie so traurig. Tief in ihnen fühlen sie sich wie Sklaven. Warum bleiben sie so, Bruder? Warum erforschen sie sich nicht selbst? Sie stehen unter einem mächtigen Zauberbann. Das muss es sein!“

Eine Stimme erklang von weit her. Unhörbar und doch präsent. Der grüne Drache öffnete sich für sie.

„Bruder. Die Menschheit ist noch jung. Vor langer Zeit machten unsere Ahnen ähnliche Erfahrungen. Es ist ein Schritt, den sie gehen müssen. Ich habe deine Gedanken vernommen und  wisse, dass du nahe an der Wahrheit liegst, so gut man sie mit Sprache ausdrücken kann.
Schmerzen mag im Grunde keiner. Die Menschen in der modernen Welt haben beinahe panische Angst vor ihnen, obwohl die meisten Schmerzen weit weniger schlimm sind, als die Menschen es glauben. Die Technik nutzen sie als Schutz davor. Aber sie vergessen, dass sie damit auch das innere Lernen vergessen. Sie sperren sich selbst ein und lassen nichts zu sich, was sie nicht verstehen. Sie sind fasziniert von neuen Dingen um sie herum – in der Außenwelt. Aber sie tragen diesen Eifer, den Menschen so auszeichnet, nicht in sich selbst hinein. Ihr Inneres ist Brachland – ohne Schutz und ohne Erfahrung. Reißt der Strom der Annehmlichkeiten ab, dann spüren sie diese Leere und die bereitet ihnen mehr Leid, als es die Erfahrungen tun würden. Ändern sie nichts, dann tut das weh – ein Leben lang.“

Der grüne Drache sprach von Trauer umfangen:

„Werden sie es schaffen?“

Die fremde und doch so vertraute Stimme antwortete nach einigen Momenten:

„Uns Drachen gibt es schon sehr lange und selbst wir können nie sagen, wohin die Reise letztendlich führen wird. Die Menschen werden diese Phase eines Tages abschließen und sich einer weiteren Herausforderung stellen müssen. Man lernt immer – als Einzelner und auch alle gemeinsam.“

Der grüne Drache verbeugte sich ehrfürchtig, löschte die Lichter und verließ die Höhle, tief versunken in philosophische Gedanken.
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