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Autor Thema: Nagual  (Gelesen 1837 mal)
Dragon-in-sight
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Wesen & Alter: Drache
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« am: 11.September.2008, 15:23:13 »

ich habe mich mal daran gesetzt und etwas nieder zu schreiben was mir schon seit einiger zeit im kopf herrum geisterte. Ich habe es einfach mal runter geschrieben ohne groß zu überlegen, und raus gekommen ist dabei eine kurzgeschichte. Viel erfahrung habe ich zwar nicht mit dem schreiben, aber ich hoffe das ergebniss akzeptabel ist.

Es ist keine drachen geschichte im üblichen sinne. Ehr etwas zum nachdenken.

..........

Nagual

Dicht an dicht standen die Bäume, in dem dunklen Wald in dem er umher irrte. Was er dort suchte wusste er nicht. Ziel und rastlos wanderte er umher, im Zwielicht mächtiger alter Bäume. Wo war er? Wie lange wanderte er schon? Er wusste es nicht mehr. Und letztlich war es ihm ohne Bedeutung.

Obschon er nicht wusste wohin es ihn führte, so trugen seine Schritte ihn doch immer weiter voran. Immer tiefer und tiefer hinein in den Wald. Die Bäume um ihn her schienen immer näher zu rücken, er musste über Wurzeln steigen und sich durch dichtes Unterholz hindurchzwängen. Und dann, als er fast dachte der Wald würde ihn verschlingen wollen, tat sich das Unterholz vor ihm auf.

Vor sich erblickte er nun den Eingang einer großen Höhle. Schwarz und klaffend wie eine Wunde in kaltem grauen Stein. Aus des Eingangs Fuß und Decke sprossen spitze Tropfsteine hervor und rahmten diesen ein. Sie wirkten wie Zähne im Maul eines riesigen Ungetüms; und aus den Tiefen dieses steinernen Schlundes streifte ein kalter Hauch über sein Gesicht.

Er tat einen weiteren Schritt nach vorne, und war versucht sich um zu blicken. Doch er wusste um die Leere hinter sich. Er hatte seine Wahl getroffen. Fest blickte er in die Dunkelheit vor ihm, dann rannte er los.
Rannte und blickte nicht zurück.

Es brauchte eine Zeit bis seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Und obgleich er wenig sah, wusste ein Teil von ihm, dass er sich in einem endlosen Labyrinth aus Gängen befand. Seine Füße spürten weitere Steine und Unebenheiten. Doch weder strauchelte noch fiel er. Er rannte und rannte. Seine Beine schienen den weg besser zu kennen als er, und er folgte wacker seinen eigenen Schritten.

Und wie er so immer tiefer in den Berg hinab stieg, erblickte er vor sich auf einmal einen hellen Punkt. Ein Licht, flackernd wie der Schein einer Kerze - und darauf hielt er zu. Der flackernde Schein vor ihm wurde größer, und seine Sicht wurde klarer. Schemenhaft sah er den Gang durch den er lief und er sah einen Weg zu seinen Füßen, dem er gefolgt war, ohne um ihn zu wissen.

Langsam begann sich der Gang vor ihm zu weiten. Wände und Decke flohen auseinander, und vor ihm tat sich eine große Höhle auf. An deren Wänden und in vielen kleinen Mulden verteilt, standen kleine Feuer- schalen, die die Höhle mit jenem Licht erhellten, dem er bis hierher
gefolgt war.

Er blickte um sich. Erhellt von den Feuern zeichnete sich vor ihm die Siluette eines riesigen, eigentümlichen Felsens ab, der inmitten der Kaverne lag. Ein seltsames Gefühl überkam ihn mit einem Mal. Er wurde eines Zauderns in seinem Herzen gewahr, das er zuvor nicht empfunden
hatte. Denn das, was das Licht ihm zeigte, schien ihm unheimlicher, als das, was er im Dunkeln zuvor nicht zu sehen vermochte.

Zaghaft und langsam trat er weiter auf den Felsen vor sich zu. Und wie er beinahe vor ihm stand, streckte er seine Hand aus, diesen zu berühren. Doch ehe seine Finger zur gänze herran langen konnten, lief mit einem Mal ein Zittern durch den tot geglaubten Stein vor ihm und ein tiefes, lautes Grollen erfüllte den Raum, widerhallend von dessen Wänden.

Er war wie vom Donner gerührt. Konnte weder denken noch sich rühren. Starr war er nun, gleich dem vermeintlichen Felsen vor ihm. Dieser wiederum begann sich nun zu rühren, und entwickelte ein
Eigenleben. Mit einem Mal erschien er nicht mehr als einheitliche Masse, sondern wand sich und begann sich langsam auf zu richten. Und wie er diesem Schauspiel so zusah, merkte er welchem Irrtum er aufgesessen war. Diese Masse vor ihm war kein Felsen, es war ein riesiges,
lebendes Etwas.

Mit großen Augen sah er zu, wie sich das gewaltige Ding vor ihm erhob. Ein riesiger Kopf, begann sich an einem langen Hals von der Erde in die Höhe zu heben und ein nicht minder gewaltiger Leib, getragen von mächtigen Pranken, begann sogleich es ihm nach zu tun. Hinter dem Geschöpf wurde er zudem eines gewaltigen Schweifes gewahr, der vormals um den Leib geschlungen, sich nun auch zu entwinden begann.

Es war ein überwältigender Anblick der sich ihm bot. Vor ihm erhob sich, etliche Meter in die Höhe ragend, ein gewaltiges Tier. Es sah aus wie eine riesige Echse, über- und über bedeckt mit steingrauen Schuppen; bewehrt mit langen scharfen Krallen an seinen Vorder- und Hinterläufen. Sein langer Schweif verlor sich hinter ihm im Schatten und sein ge-waltiges Haupt war gekrönt von einem mächtigen schwarzen Geweih, nicht unähnlich dem eines Hirschen. Auf seinem Rücken prangten zudem 2 riesige Schwingen, die es nun leicht zu strecken begann und dabei ein weiteres, lautes Grollen vernehmen ließ.

Angst überkam ihn, und ein Teil von ihm wollte fort laufen, als er gewahr wurde, was er dort vor sich hatte. Etwas, das er schon häufiger in Träumen gesehen, aber nie zu erträumen gewagt hatte. Eine Sage, eine Mähr aus alten Tagen. Ein Drache. Das hörte er sich selbst sagen.

Mit einem Mal kam er wieder zu Sinnen. Er lag rücklings am Boden, die Hände vom boden gestützt. Er war nach hinten gefallen und hatte es nicht gemerkt. Über sich sah er den gewaltigen Kopf. Dieser beugte sich nun langsam über ihn, und er blickte in zwei große honigfarbene Reptilienaugen, die ihn musterten.

Er konnte nicht hinsehen. Nicht in die Augen. Tausend Dinge schossen ihm durch den Kopf. Angst,
Verwirrung, aber auch Neugierde. Ein Teil von ihm wollte fortlaufen, doch er wusste, dass seine Beine
ihn nicht gehen lassen würden. Was würde passieren, würde man ihn fressen. War er so weit gelaufen
nur um seinen Tod zu finden?

Doch wie er so da lag, ringend mit seinen Ängsten und Bildern, begann das große Geschöpf über ihm, mit einem Mal zu sprechen. Seine Stimme war voll und tief wie der Klang einer großen Bronzeglocke.
Doch friedvoll und ruhig waren sein Worte: "Fürchte dich nicht. Es soll dir kein Leid widerfahren. Ich habe lange auf dich gewartet".

Ein Teil von ihm war überrascht, das Wesen sprechen zu hören. Aber etwas in der Stimme kam ihm vertraut vor. Ihr Klang wie auch die Worte waren beruhigend und mit einem Mal durchflutete ihn ein Gefühl von Wärme und Leichtigkeit, so als wäre ein Stein von ihm genommen der lange auf seiner Brust gelegen hatte.

Er blickte wieder auf den Drachen vor ihm, und schickte sich an, dessen Namen zu erfragen. Doch ehe seine Zunge die Frage zu stellen vermochte, begann der Drache abermals zu sprechen: "Athna'an, das ist der meine. Und wie nennt man dich dort wo du her kommst?"

Er überlegte kurz. Seinen Namen - er kannte ihn nicht. Hatte er ihn vergessen? hatte er ihn jemals gewusst? Wer bin ich eigentlich, fragte er sich selbst und wusste doch keine Antwort.

Nachdenklich blickte der Drache auf ihn hinab. So, als würde er um sein Dilemma wissen. Und er sprach: "Dann werde ich dich „Jemand“ nennen. Denn das bist du."

Er überlegte einen Augenblick. Jemand. Der Name erschien ihm treffend. Er war Jemand. Und Jemand erhob sich von der Erde auf der er lag und stellte sich auf seine Beine, die ihm nun nicht längen den Dienst verwehrten. Und es war ihm als stünde er zum ersten Mal in seinem Leben.

Er ging ein paar Schritte nach vorne, auf den Drachen, auf Athna'an zu. Dann streckte er abermals die Hand aus, ebenso wie auch bei dem Felsen zuvor. Er wollte ihn berühren. Warum wusste er selbst nicht.

Athna'an, beobachtete ihn und sprach erneut: "Warum willst du mich berühren? Siehst du mich nicht?" Jemand: "Ich weiß es nicht. Es ist wirklicher es zu berühren"

Jemand ließ seine Finger über die großen Schuppen fahren. Sie waren ganz glatt und fühlten sich warm an. Es erschien ihm neu aber nicht fremd.

Athna'an: "Bin ich nun wirklicher?"
Jemand: "Du bist jetzt Wirklichkeit. Das fühle ich."
Athna'an: "Ich fühle mich aber nicht anders."

Jemand zog langsam seine Hand zurück. Hatte sich wirklich etwas verändert. Er wusste es nicht zu sagen.

Athna'an: "Warum schaust du mich nicht an?"
Jemand: "Ich schaue dich an. Wie könnte ich etwas so Großes übersehen"

Athna'an: "Du betrachtest mich, aber kannst du mich sehen?"
Jemand: "Ich sehe eine Legende, einen Drachen"
Athna'an: "Du siehst ein Was, aber kein Wer."
Jemand: "Wer ist Wer?"
Athna'an: "Wer ist ich"
Jemand: "Du bist Wer aber wie könnte ich dich sehen. Ich blicke nur vor dich"

Athna'an: "Dann blick mir in die Augen."

Jemand schluckte. Ihm wurde bewusst das er bisher den Blick des Drachen vermieden hatte, der die ganze zeit bereits auf ihm ruhte. Diese Augen, dieser Blick, er konnte spüren wie sie ihn förmlich durchdrangen, gleichsam als könnten sie in Tiefen blicken in die er selbst nicht zu schauen wagte. Und er fürchtete ihn, fürchtete was diese Augen sehen mochten.

Athna'an: "Vor was Fürchtest du dich"?
Jemand: "Vor den Augen und dem was sie sehen"
Athna'an: "Ich sehe dich."
Jemand: "Und wer bin ich?"
Athna'an: "Weißt du das nicht selbst"?

Jemand schwieg. Wer war er, wer war Jemand? Und noch während er diesen Gedanken nachging, spürte eine Berührung an seiner Wange. Der Drache hatte nun seinerseits eine seiner gewaltigen Krallen vor gestreckt und zog seinen Kopf langsam nach oben. Seine Berührung war kräftig aber zugleich unerwartet sanft. Und dann trafen sich ihrer beider Blicke und Jemand schaute nun zum ersten Mal, in die Augen des Drachens vor ihm.

Was er sah ließ ihn abermals erstarren. Die Augen vor ihm, groß und tief, und von honig-goldener Farbe. Und in ihnen spiegelten sich Wildheit und Güte, Freud und Leid, Hoffnung und Verzweiflung, Leben und Tot.
In diesem Blick schienen sich alle Gegensätze der Welt zu berühren, ohne sich zu verneinen. Sie lösten sich auf und wurden Nichts und Alles.

Und wie Jemand immer tiefer in diese Augen blickte, die ihn wie riesige Strudel einsogen, so war ihm als löse auch er sich immer mehr auf, und mit ihm alles was ihn umgab.

Die Höhle, die Feuerschalen, der Weg und schließlich auch sein Leib. Er spürte weder Angst noch Schmerz. Er war nur mehr ein Gedanke, ein Gefühl das dahin trieb. Ohne Raum ohne Zeit und ohne Substanz. Auch der Drache war verschwunden, Nur das Echo seines Blickes, schien immer noch da zu sein. Es hüllte ihn ein, durchdrang und erfüllte ihn. Und tief aus dem Gefühl, das als einziges von ihm geblieben war, sprach eine tiefe bronzene Stimme zu ihm selbst:

"Jemand ist wir."
"Wir sind ich."
"Wir sind Athna'an."
"Ich bin Athna'an."
"Ich bin Ich."

Und wie er der Stimme zuhörte so wurde ihm bewusst, dass es die seine war. Und mit einem Mal fühlte er sich wieder. Arme und Beine. Kopf und Schweif, Flügel und Krallen. Und er wusste, dass es die seinen waren.....

......

Mit einem Mal spürte er einen heftigen Schmerz in seiner Brust und er riss die Augen auf. Es brauchte eine Zeit bis er sich an das Licht gewöhnt hatte. Er sah Umrisse von Personen und hörte entfernt Stimmen, die auf ihn einredeten. Dann begannen sich seine Sinne langsam zu klären.

Er lag in einem weißen Bett. Ihm gegenüber saß eine Frau und ein Man in weißem Kittel stand neben ihm. Er kannte sie, aber der Mann war ihm fremd. Die Frau lächelte ihn an, und Tränen traten in ihre Augen. Und der Mann in weiß sprach: "Keine sorge Missis Richard, ihr Mann ist heil auf. Er hat mehr als nur einen Schutzengel gehabt, das er diesen schweren Unfall überleben konnte. Er war eine halbe Stunde klinisch tot aber wir konnte ihn zurück hohlen."

Der Mann in weiß trat auf ihn zu, eine kleine Lampe aus seinem Kittel ziehend. Er schaltete sie ein und begann dann abwechselnd in das rechte und linke Auge, seines langsam wieder zu sich kommenden Patienten zu leuchten.

Mann: "Sie scheinen keine bleibenden Schäden zu haben, erinnern sie sich was passiert ist? Wissen sie wer sie sind?

Mit einem Mal fühlte er sich wieder völlig klar im Kopf. Er erkannte seine Frau neben dem Bett, und blickte sie und den Arzt vor ihm an. In seine Augen war ein Neuer Glanz getreten. Ein inneres feuer. Er lächelte und antworte.

"Ich bin ich." Und ihm war als spräche er diese Worte zum ersten Mal in seinem Leben.


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Gerechtigkeit so sie nicht von Güte geleitet ist, ist nicht mehr als eine Facette der Tyranei
Januce
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Miau!


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« Antworten #1 am: 14.November.2008, 18:35:26 »

Super Formuliert. Man hätte am Anfang wirklich nicht mit so einer Wendung gerecht.
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Als die Erde erschaffen wurde, da waren es die Katzen, die als die ersten Lebewesen das Paradies bevölkerten. Und als die Nacht gemalt worden war und die Sterne in grellen Blitzen geboren wurden, da verfolgten die Katzen das Schauspiel, und das Licht, das sie sahen, brannte sich auf ewig in ihre Augen. Deshalb können die Katzen im Dunkeln sehen, und deshalb leuchten ihre Augen wie Edelsteine in der Schwärze der Nacht. Es ist das Licht der ersten Sterne, das noch immer in ihnen gefangen ist.

Christoph Marzi, „Die lügenhafte Liebe der
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« Antworten #2 am: 18.Oktober.2009, 00:12:51 »

Hey, JadisS, einwandfrei, wirklich schön geschrieben.
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