Thx, Sharith ^__^ bin froh, dass es wer liest und sogar interessant findet XD *jubel* Deswegen gibts auch hier die Fortsetzung... ab dem Chapter wird das ganze ziemlich Fantasy-like... hab das Chapter lang nimmer gelesen, ich glaub, ich hab den Übergang des Genres ordentlich versaut XD Nya, pls trotzdem weiterlesen, ich glaube, später wirds besser
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Chapter IV: Marmorkuchen und Dämonen
Dieser Mensch verwirrte mich seit der ersten Sekunde, in der ich ihn gesehen hatte und es ließ nicht nach. Aus unerfindlichen Gründen sträubte sich alles in mir, die Tür zu öffnen. Nicht, dass ich brennend darauf bestand, den Rest meines Lebens in diesen 4 Wänden zu verbringen, nein, das sicherlich nicht. Aber ich hatte aus unerfindlichen Gründen Angst, diese verdammte Klinke hinunterzudrücken und einfach wieder das Weite zu suchen. Ich tat wie mir geheißen: Ich legte mich schlicht und ergreifend wieder hin. Weniger deswegen, weil ich das tat, was er mir sagte, sondern weil sich meine Kopfschmerzen nun wieder meldeten. Ich wagte es nichteinmal, seine Regale nach einem Aspirin zu durchforsten. So bizarr und frech dieser Möchtegern-Held auch zu mir gewesen war, irgendwie begann ich, Respekt ihm gegenüber aufzubauen. Und das tat ich wirklich selten.
Ich kuschelte mich tiefer in die Decke, als ein Luftzug durchs Zimmer blies. Mich fröstelte es, obwohl es in dem Raum fast schon leicht muffelig war. Moment mal... Fenster? Daran hatte ich garnicht gedacht. Ein Blick auf die Straße würde sicherlich Aufschlüsse darüber geben, wohin es mich verschleppt hatte – oder wohin ich verschleppt wurde.
Mühsam stemmte ich mich auf, versuchte möglichst, die undefinierbaren, unappetitlichen Flecken auf der Baumwolldecke zu umgehen und schwang mich aus dem notdürftigen Schlaflager. Kaum näherte ich mich dem großen, runden Fenster, schlug mir mitsamt der Brise ein Duft von altem Metall und Kohle entgegen. Draußen war alles still. Nichts regte sich auf dem alten, verlassenen Güterbahnhof, er schien seit Jahrzehnten verlassen und außer Betrieb zu sein. Soviel ich von meiner Position aus sehen konnte, waren rundherum nur Schrottplätze, Schienen und alte, verrostete und demolierte Frachtzüge, weit und breit keine Straße und keinerlei Zivilisation. Ich kannte diesen Stadtteil nicht, und dennoch kam in mir das Gefühl von Vertrautheit hoch. Ich versuchte mich zu erinnern, ob ich diesen Ort nicht doch schon einmal besucht hätte, ging meine Erinnerungen durch und stieß dennoch auf nichts. Kaum hatte ich eine scheinbar bekannte Hausmauer entdeckt und einen Faden gefunden, entwischte er mir wie ein Stück Butter aus feuchten Händen. Ich schüttelte den Kopf. Es hatte sowieso keinen Sinn, ich musste ja doch auf ihn warten. Wo wollte er hier, in dieser Einöde, irgendetwas Essbares auftreiben? Ich verdrängte mit Mühe den abstoßenden Gedanken an gebratene Tauben und flambierte Froschschenkel und machte Anstalten, mich umzudrehen, als ich plötzlich ein funkelndes Etwas aus dem Augenwinkel wahrzunehmen glaubte. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde an und doch war ich mir fast ganz sicher, ganz viele, feine Silberfunken gesehen zu haben. Abermals kam ein Kopfschütteln. Ich war wohl schon völlig kirre im Kopf. Doch dann sah ich wieder etwas...
Diesmal war es keine Einbildung. Eine unterarmgroße, schwarze Feder stahl sich mit dem nächsten Luftzug durch die Öffnung des obersten Mosaikglases und landete direkt vor meinen Füßen. Als ich sie aufhebte, glänzte sie in der aufgehenden Sonne wie ein Sternenhimmel in der finstersten Nacht, allerdings mit einem leichten, dunkelbläulichen Blaustich. Unmöglich, nicht der größte Kolkrabe hatte solche großen Federn! Mir wurde leicht mulmig zumute. Allmählich wurden mir diese Tiere unsympathisch.
“Hey, bin wieder da!”
Ich drehte mich verwundert um – und schrie ohrenbetäubend auf. So kurzfristig hatte sich mein Hirn nicht gefragt, woher diese Stimme kommen mochte und die dazu passende Person wohl stehen sollte, stattdessen stellte ich mit rasendem Herzen fest, dass der Besitzer eben jener ganz locker-lässig hinter der Glasscheibe zu mir hinabblickte. Oder bessergesagt, kopfüber an einem wohl dort befindlichen Geländer hing und sich über meine Reaktion still ins Fäustchen lachte.
“Bin ich so abstoßend, dass du gleich so schreien musstest?”
“Ich ähm... na ja... nicht viele Leute...”
“...begrüßen einen mit so einer unerhört wundervollen Stimme und einer stylischen Brille wie dieser?”
Er nahm demonstrativ seine Googles zur Hand und setzte sich die blauen Gläser vor die Augen.
“...hängen kopfüber in der Gegend rum und erschrecken einen fast zu Tode!”
“Sorry.”
Ich seufzte resigniert. War das für ihn etwa so etwas Normales...?
“Vergiss es einfach.”
“Könntest du mal eben so freundlich sein und mir bitte das Fenster öffnen? Der Wind hat es wohl zugeschlagen. Kein Wunder, heute ist draußen auch die Hölle los. Wurde fast davongeblasen.”
Mit einer lässigen Bewegung zog er sich die Brille von den Augen und heftete sie sich an die Stirn, dann wartete er auf mein Handeln.
Ich nuschelte ein “Schön wärs” und suchte den Riegel, der die Glasscheibe zuhielt, löste ihn und drückte dagegen. Nichts geschah.
“Nun sei mal nicht so. Drück dagegen, los! Nicht so schwach, du schaffst das! Na los, kämpfe für dein Geschlecht!”
“Bitte was?”
“...Lehn dich einfach gegen die Glasscheibe.”
Ich tat wie mir geheißen. Es hatte ohnehin keinen Sinn. Würde ich ihn jetzt nicht hineinlassen, würde er notfalls einfach die Tür nehmen. Außerdem hatte er mir trotz allem das Leben gerettet – zwei Mal.
Mit großer Anstrengung gelang es mir, das kreisrunde Fenster einen Spalt breit zu öffnen, was den Rest betraf, half er mir. Als er im Raum war, rückte ich ein Stück von ihm weg. Ich wusste immernoch nicht, wer er war, nichteinmal seinen Namen. Vorsichtig versuchte er, das Fenster möglichst langsam zu schließen, erwischte eine Böe, die letzten Milimeter wurde das Fenster zugeschlagen und ein feiner Riss an der oberen Öffnung zeichnete sich ab.
Der Junge fluchte kurz, sah sich den Riss genauer an und winkte schlussendlich ab.
“Halb so wild, wird getaped. Der Wind heute ist wirklich ein Wahnsinn... Normalerweise hat die große Eiche drüben den meisten Wind aufgehalten, doch die ging beim letzten Gewitter leider drauf.”
Er deutete mit einer knappen Handbewegung auf einen Teil des gegenüberliegenden Schrottplatzes, auf dem ein gefällter, großer Stamm eines Baumes im Wind sachte wackelte.
Ich nickte nur knapp. Misstrauisch beäugte ich den weißen Beutel, den er in der Hand trug und versuchte, einen Blick auf den Inhalt zu erhaschen.
“Hunger?”
“Ähm... ein bisschen... vielleicht...”
“Entscheidungsfreudig auch noch, was?”
“Kommt eben aufs Essen an.”
Er grinste mich an und holte einen kompletten, aber leicht beschädigten Marmorkuchen hervor.
“Zur Feier des Tages”, verkündete er mir, wobei sein Lächeln noch breiter wurde.
Man konnte sich doch tatsächlich normal mit ihm unterhalten... Allmählich wurde er mir beinahe schon sympathisch.
Mit einem Pfiff holte er mich aus meinen Gedanken und winkte mich zu ihm. Er war vorangegangen und schob mir einen Sessel des Ebenholztisches entgegen.
“Darf ich bitten, Madamme?”
Ich wurde leicht rot. Meine Schwäche für Oldschool-Gentleman. Ich konnte nichts dafür! Mit einem dankbaren Nicken nahm ich Platz. Einstweilen kramte er in einer Tonne, die scheinbar mit Besteck vollgeräumt war, herum, Metall klimperte gegen Plastik, bis er endlich mit einem freudigen Ausruf zwei stilvoll verzierte Silbergabeln und ein Brotmesser ans Tageslicht beförderte, mir eine Gabel herlegte und den Marmorkuchen zerteilte. Der weiße Beutel wurde kurzerhand über die Schulter geworfen und somit wohl entsorgt.
Plötzlich hielt er inne, verzog das Gesicht zu einer nachdenklichen Miene, ging wieder zurück und legte zwei einfache, weiße Teller auf je eine Seite.
Scheinbar war er es nicht gewohnt, in Ruhe und fein zu essen, aber er gab sich sichtlich Mühe.
Der Kuchen schmeckte garnicht mal so übel, auch wenn er ein wenig bröckelig war. Ich wagte garnicht zu hinterfragen, wo er den aufgetrieben hatte.
Unsere Augen trafen sich, als wir uns gegenübersaßen, mehrere Male. Jedes Mal blickte ich erschrocken weg, jedesmal quittierte er mir dies mit einem amüsierten Grinsen.
“Wie heißt du eigentlich?”, unterbrach ich die Stille.
“Rate doch.”
“Sehr witzig. Also?”
“Hab viele Namen. Such dir einen aus.”, meinte er zwischen seinen Bissen.
“Das ist doch keine Antwort. Jeder hat einen Namen! Wie nennen dich andere Leute?”
“Jiskal.”
“Gut. Siehst du? Dann nenn ich dich auch so! ...Wenn ich darf.”
Er lächelte.
“Ist okay. Und, wie nennen dich die anderen?”
“Eingebildete Schnepfe.”
Jiskal lachte auf, ließ mich aber dennoch keine Sekunde aus den Augen.
“Soll ich dich auch so nennen?”
“Wenn du eines quallvollen Todes sterben willst, ja.”
Er nahm sich ein weiteres Stück.
“Wie heißt du nun wirklich?”
“...Alex.”
“Ist ja langweilig.”
“Seh ich genauso... kann man nunmal nichts machen.”
Er sah mich verwirrt an, als würden meine Worte für ihn keinen Sinn ergeben.
“Doch, wieso sollte man dagegen nichts machen können?”
Scheinbar hatte ich recht.
“Hallo~ho? Sowas nennt sich Geburtsname! Gegen den kann ich schwerlich etwas tun!”
Langsam dämmerte es ihm. Er stützte seinen Kopf in seine rechte Hand und sah mich interessiert an.
“Ich such dir einen Neuen.”
“Einfach so?”
“Einfach so.”
Ich war erstaunt. Gut, soll er doch. Schlimmer als solch einen öden Namen zu haben könnte es nicht werden.
“Dann sag mal bitte.”
“Rosalinde!”
Ich zog eine Schnute und sah ihn beleidigend an, was ihn wiederum zu einem weiteren Grinser verleitete.
“War nur ein Scherz!”, beschwichtigte er mich, “Das dauert nunmal. Ich muss deinen Charakter dazu kennen. Du weißt nicht den Wert eines wahren Namen, oder?”
Sein Blick war mysteriös, fast schon verschwörerisch. Ich dagegen sah wohl drein wie eine zugedröhnte Ente.
“Hä?”
Jiskal seufzte resigniert.
“Vergiss es... Alles zu seiner Zeit, alles zu seiner Zeit. Hast du noch Hunger?”
Ich sah ihn noch verdutzter an als zuvor, schüttelte dann doch den Kopf und sah ihm zu, wie er begann, die Teller in ein anderes Zimmer zu tragen und zuletzt auch noch den Plastiktopf mit dem Geschirr hinüberbrachte. Mir war zuvor garnicht aufgefallen, dass es hier einen zweiten Raum gab, da alles so verstellt und voller Krimskrams war. Als ich hinüberlugte, sah ich einen alten Herd, noch mehr Plastiktöpfe und etwas mit vielen Rohren und einer Schüssel, die auf einem Tisch stand, was wohl so etwas wie eine Spüle sein sollte, in die das Geschirr geräumt wurde.
Als er ging, fiel mir zum ersten Mal sein auf der Rückseite zerschlissener Kaputzenpulli auf. Über seinen Rücken, der darunter zu sehen war, zogen sich zwei blasse aber breite Narben. Ich runzelte die Stirn, sagte aber nichts.
Da war es plötzlich wieder! Dieses silbrige Funkeln, genau neben ihm! Als er sich umdrehte und es bemerkte, fing er plötzlich an, irgendetwas hektisch zu zischen, dass sich nach einer fremden Sprache anhörte und ein heller Klang, wie von Glocken, antwortete ihm scheinbar. Als ich hinüberspähte, sah ich eine silbrig-glänzende Lichtkugel und sein Gesicht, dieser Erscheinung zugewandt, wie er ihr mit wilden Gestiken etwas klarmachen wollte. Die Kugel flog noch zwei schnelle Kreise um Jiskal, gab einen kaum wahrnehmbaren, glockenähnlichen Schellenklang von sich und verpuffte. Meine Kinnlade schleifte den Boden.
Als der Junge mit entleerten Händen wiederkam und sich zu mir an den Tisch setzte, musterte er mich beunruhigt und fuchtelte mit seiner Hand zwei Mal vor meinen Augen, als er mein erbleichtes Gesicht bemerkte. Ich reagierte nicht.
“Alex? ... Hey?”
Immernoch keine Reaktion.
Er stützte sich auf die Ellenbogen, bettete seinen Kopf auf die Hände und schien zu warten.
“Was ist los?”
“Wa-Was... was war das eben...?”
Jiskal klatschte sich mit der rechten Handfläche gegen seine Stirn.
“Nein, oder...? Hast du... Hast du das eben gesehen...?”
Ich nickte stumpf.
“Merde!”
Ob er nun auf französisch schimpfte oder auf arabisch, es beunruhigte mich. Ich sah ihn verständnislos an. Er merkte, dass ich auf eine Erklärung seinerseits wartete und begriff wohl, dass er mir nicht einreden konnte, dass das die Nachwirkungen vom Schlafüberfluss sein könnten.
“Argh, dabei habe ich doch gesagt, er soll nicht herkommen! So ein Stümper auch! Verdammt! Nachher kriegt er 'ne Stunde Bannkäfig aufgebrummt, das schwör ich ihm!!”
“Wer... er?”
Ich traute mich garnicht, nachzufragen, was um Himmels willen ein 'Bannkäfig' war.
“Brauchst du wieder einen Namen?”
Ich nickte aus Reflex, allerdings zögerlicher.
“Ars”
Trotz meiner Verwirrung fing er sich einen zynischen, bösen Blick.
“Schon gut, schon gut.”, er hob beschwichtigend die Hände,”Ars ist... ein Illuminai.”
Nächster bohrender Blick.
“Okay okay... Illuminais sind so eine Art.. na ja... man könnte sagen... Dämonen...”
Ab da fing ich an zu lachen. Für dumm verkaufen konnte er wen anderen.
“Sehr witzig. Von wo hast du die Lightshow gesteuert?”
“Ich meine das Ernst.”
Ich prustete unweigerlich los. Ars, Illuminai, Dämonen... der Kerl hatte wirklich eine blühende Fantasie.
“Du könntest Kinderbuchautor werden, mein Lieber. Ganz ehrlich. Mit der Fantas-”
“Kostprobe gefällig?”
Jetzt hatte er mich endgültig aus dem Konzept gebracht.
“W-Was?”
“Pass auf...”
Er hockte sich auf den Boden, stützte sich mit einer Hand ab und murmelte einige Worte, die -bizarrerweise- nach Altgriechisch oder vielleicht auch nach Latein klangen.
“Toll und was soll daran bitte dämo-”
Wieder blieb der Satz unbeendet. Doch diesmal unterbrach ich mich selber. Der Boden leuchtete auf, die einzelnen Formen, die darin zu sehen waren, erinnerten an Runen und Hieroglyphen, einige davon waren verzerrt und kaum mit dem menschlichen Auge zu fassen, andere bestanden nur aus einfachen Formen, Strichen, Kreisen und Dreiecken, andere wiederum sahen viel zu komplex aus, um sie gezielt so gesetzt zu haben, aber sie allesamt hatten eines gemeinsam: Sie waren so präzise gesetzt wie ein japanischer Meister der Kalligraphie es nicht besser hätte machen können. Und sie alle leuchteten in einem zarten, blassen bläulichen Licht, welches immer mehr und mehr anschwoll. Ich vernahm ein Summen, welches den ganzen Raum erfüllte und spürte einen gewaltigen Windstoß...
Jiskal erhob sich. Auf seiner Schulter hockte eine bizarre kleine Kreatur, die eine skurille Fratze zog, mit dem Kopf einer Krähe und dem Körper eines Gargoyles, nur die rechte,vordere Tatze und der Schwanz waren die eines Panthers.
Der Junge, der eben noch mit mir ganz harmlos einen Marmorkuchen gegessen hatte, stand nun in einem Bannkreis, das ausgefallene Teufelswesen auf der Schulter und anstelle der Narben ragten ihm nun zwei schwarze Schwingen aus den Schulterblättern, mit Federn, so lang wie ein menschlicher Unterarm...