Azarun
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« Antworten #33 am: 07.Juni.2004, 00:07:09 » |
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Kapitel 6 Er erwachte in einem kleinen und vor allem niedrigen Raum, ganz aus Holz. Es dauerte etwas, bis er seine Sinne soweit beisammen hatte um zu merken, dass er nicht alleine in diesem Raum war. Er richtete sich sofort auf und betrachtete die Person. Es war eindeutig ein Zwerg, was nicht nur an der Körpergröße zu sehen war, und es war eindeutig ein Zwerg, der sich nicht nur auf das Steineklopfen verstand sondern auch die Heilkünste gelernt hatte. „Endlich wach. Du warst schwer verletzt, weißt du?“ Azarun war im ersten Moment so mit der Musterung seines Gegenüber beschäftigt, dass er die raue Stimme des Zwerges gar nicht wahrnahm. „Was?“, fragte er verdutzt. „Ach, ich erklär dir das besser, wenn wir Zeit haben.“, antwortete der Zwerg mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Ich hasse es, vertröstet zu werden. Wir reden jetzt gleich. Wenn ich das richtig verstanden habe, sagtest du ich wäre schwer verletzt, aber...das kann nicht sein.“ „Hm, du weißt anscheinend nicht mit welchem Wesen du es zu tun hattest. Das war ein...nun, wir nennen es Khzmn. Das kannst du vermutlich nicht aussprechen?“ Das Grinsen des Zwerges wurde immer breiter. „Kchsmn“, antwortete Azarun mit fast perfektem Akzent, „Unterschätze mich nicht. Rede bitte weiter.“ „Ja, also.“ Dass Azarun seine Sprache beherrschte brachte den kleinen Mann sichtlich durcheinander. „Nun, wo war ich...du weißt anscheinend nicht mit wem du es zu tun hast? Obwohl, mit wem du es zu tun hattest, sollte ich besser sagen. Du hast es diesem Khzmn ganzschön gezeigt. Und genau das war dein fehler. Diese Wesen können dich auf normale Weise töten, das hast du sicher bemerkt, aber sie töten dich auch, wenn du sie vernichtest. Frage mich jetzt nicht wie sie das tun, ich kann nicht antworten. Diese Schattendrachen sind Teil einer vor langer Zeit untergegangenen Armee. Ich werde dir nicht sagen welcher, das musst du selbst herausfinden, aber ich kann dir sagen, dass diese Armee noch viel, viel schrecklichere Wesen beinhaltete.“ „Du sagst, diese Armee würde schon lange nicht mehr existieren. Der Khzmn kam mir jedoch sehr real vor. Erzähl mir mehr.“, forderte Azarun. Der Zwerg sah ihn aufmerksam an und fuhr fort, „Natürlich kam er dir real vor. Diese Dinger werden nicht geboren, sie werden hergestellt. Obwohl seit dem Zeitalter der Saitan schon unglaublich viele Jahrhunderte vergangen sind gibt es noch einige...wie soll ich sagen,...Fabriken für solche Dinge. Jemand hat die alten Maschinerien in Gang gesetzt. Es werden mit jedem Tag mehr. Du warst bei Kain, nicht?“ Diese Frage irritierte Azarun, denn erstens hatte sie nichts mit dem eigentlichen Gesprächsthema zu tun und zweitens fragte er sich woher dieser Zwerg von Kain wusste. Deshalb bestand seine Antwort auch nur aus einem kurzen Nicken, das den Zwerg jedoch sofort veranlasste weiterzureden. „Das habe ich mir schon gedacht. Hör mir zu: Tue genau das, was er dir sagte. Du musst verschwinden. Jetzt gleich. Selbst wenn deine Kräfte noch nicht zurück sind, du bist hier nicht sicher. Du musst alleine gehen. Ich kann es nicht verantworten einen meiner Krieger mitzuschicken. Uns bleibt also auch keine Zeit alle deine Fragen zu klären, aber ich weiß wer das kann. Hast du eine Ahnung wo du hingehen musst? Was hat Kain dir gesagt?“ Azarun schüttelte den Kopf, „Das werde ich dir nicht sagen. Ich weiß nicht wo ich hin muss und ich weiß auch nicht was das hier alles soll, aber ich weiß wer mir helfen kann.“ Der Zwerg lächelte. Diese Antwort hatte er sicher erwartet. „Du vermutest du wüsstest jemanden. Das was du suchst ist seit Jahrzehnten schon verschollen.“ Die Worte zeigten, dass seine Frage von eben nur ein Test war, er wusste ganz genau was Azarun von Kain aufgetragen bekommen hatte. „Die Wasserquelle. Ihr scheint etwas davon zu wissen.“, stellte Azarun fest. „Es ist meine Aufgabe zu wissen. Ich denke, dafür haben wir noch Zeit. Also, diese Quelle taucht zum ersten mal in einer wirklich alten Überlieferung auf. Es heißt das wäre der Ursprung jedes Tropfen Wassers auf dieser Erde. Und es heißt weiter, dass der, der von dem reinem Wasser der Quelle trinkt eine Wandlung durchmacht, seinen Körper und Geist zu nutzen lernt. Was genau das bedeutet kann ich nicht sagen, aber du wirst es ja sowieso herausfinden. Nun, bedenke aber bitte eines, nichts ist umsonst. Sicherlich musst du eine Prüfung oder sonstiges bestehen um trinken zu dürfen.“ Azarun erhob sich nun ganz aus dem Bett und ging unruhig um Zimmer auf und ab, peinlich darauf bedacht sich nicht den Kopf zu stoßen. „Das klingt alles zu fantastisch um wahr zu sein.“ Der Zwerg sah ihn plötzlich interessiert an. „Du bist Kîné, nicht wahr?“, fragte er plötzlich. Azarun erwiderte seine Blicke unwillig. „Ja, wie hast du das erkannt?“ „Geahnt. Ich habe es nur geahnt. Und dann, als sich meine Verdachtsmomente bestätigten, habe ich nachgefragt.“ Seine Blicke wurden immer interessierter: „Aber ich muss gestehen, ich habe dich mir immer ganz anders vorgestellt. Anhand von den Dingen, die über dich im Umlauf sind, was man eben so hört.“ „Jaja, der Volksmund.“ Azarun lachte spöttisch. „Was ich gehört habe war alles andere als lustig. Aber, ich bin froh, dass das Gehörte nicht wahr sein kann. Du kommst mir ganz anders vor. Zum Glück, ja, zum Glück.“ Azarun wollte den Zwerg nicht berichtigen. Außerdem hätte es schon etwas merkwürdig geklungen, hätte Azarun geantwortet, dass das Gehörte doch richtig war. „Du musst uns jetzt verlassen. Tut mir Leid. Ich hätte sehr gerne noch mit dir geplaudert.“ „Jeder, den ich treffe schickt mich weiter. Ausnahmslos jeder. Ich wüsste gerne warum das so ist.“, murrte Azarun. „Vielleicht, weil du jeden den du triffst in Gefahr bringst. Denk drüber nach. Da geht es hinaus.“ Der Zwerg deutete auf einen niedrigen Gang an dessen Ende eine mit Schmiedeisen beschlagene Tür trohnte. Azarun wusste, dass er zwecklos gewesen wäre, weiter auf den Zwerg einzureden. Er ging auf die Tür zu, die leise wie von Geisterhand vor ihm aufschwang. Als Azarun das Haus, eigentlich eher den Palast verlassen hatte wandte er sich noch einmal um. Der Palast war wie vom Erdboden verschwunden.
Azarun sah sich um. Er wusste nicht wo er war. Ein dichter Wald erhob sich direkt vor ihm, der fast kein licht bis zum Boden dringen lies. Genau in dem Moment kam der Durst in Azarun auf. Ein tief sitzender, fast schon quälender Durst. Bei dem Kampf hatte sich Azarun weder allzu angestrengt, noch schlimme Wunden davongetragen und doch fühlte er sich wie nach einer Folter. Was hatte der Zwerg gesagt? „Die Khzmn töten dich, weil du sie tötest.“ Das war zwar verwirrend, aber Azarun verstand sofort was er damit gemeint hatte. Obwohl auch er sich nicht erklären konnte wie das vor sich ging, er hatte es am eigenen Leib erfahren und das ist immer das beste Überzeugungsmittel. Azarun musste unwillkürlich seufzen. Er musste etwas trinken, also musste er sich Beute suchen. Nur hatte er keine Ahnung wo sich in diesem abgelegenen Wald Lebewesen verstecken sollten. Ohne nachzudenken entschloss er sich den Wald einfach zu durchqueren. Kaum hatte er den Fuß zwischen die Bäume gesetzt, als sofort sämtliche Geräusche um ihn herum verschwanden. Das Licht wurde zu einem dämmrigen Schimmern. Die Bäume waren riesig, aber sie sahen auch düster und drohend aus. Als wollten sie jeden warnen, der es wagte ihnen zu nahe zu kommen. Azarun ging eine ganze Stunde ohne auf etwas nennenswertes zu stoßen. Der Wald musste riesig sein. Bis Azarun plötzlich wie angewurzelt stehen blieb. Aus der Ferne drangen deutliche Stimmen. Er schlug ein schnelleres Tempo an und horchte. Das waren eindeutig die klangvollen Stimmen von Elben. Azarun schlich nun geduckt weiter um sie nicht aufzuschrecken. In einem besonders dichten Busch ging er in Deckung und lauschte. „...bin ich der Meinung wir sollten umkehren.“, sagte gerade ein großer, dürrer Elb, der einen riesigen Langbogen schussbereit in den Händen hielt und nervös umhersah. „Hast du Angst?“, fragte ein anderer, genauso großer Elb, der lässig an einen Baum gelehnt stand und sein Breitschwert durch die Luft zischen lies. „Nein, aber...ach, verdammt, du weißt doch was sie mit diesem Dorf angestellt haben! Glaubst du das lassen sie sich von uns abschrecken?“ Azarun begutachtete die Elben sorgfältig. Es waren drei, offensichtlich drei Krieger nach der Art der Waffen zu schließen sogar sehr gute Krieger. Der dürrste von ihnen trug den Langbogen, der, der gerade den langbogenträger verspottet hatte spielte noch immer mit seinem Breitschwert und etwas abseits stand noch der dritte, der nichts weiter trug, außer einem kleinen Dolch im Gürtel. Sicher war das ein Magier oder wenigstens ein Heilkundiger. Azarun wollte gerade nach seinem Schwert greifen, als ihm einfiel, dass es zu einer Lache aus Metall geschmolzen noch auf der Lichtung lag. Also zog er stattdessen seine beiden langen Dolche, die er immer bei sich trug und die ihm schon oft das Leben gerettet hatten. Es waren lange, beidseitig geschliffene Dolche aus einer Vampirschmiede, deren Schärfe und Härte jeden anderen Schmied beeindruckt hätten. Azarun wusste, dass er diese Elbenkrieger nicht überraschen konnte, also beschloss er mit ihnen ein kleines Spiel zu spielen. „Soll ich dir etwas sagen? Du denkst zuviel. Wir befinden uns fast am anderen Ende des Waldes als das Dorf. Hier sind wir sicher.“ Er hatte kaum zu Ende gesprochen als Azarun sich geschmeidig erhob und drohend auf die drei zu ging. Die Dolche hatte er noch in seinen Mantelärmeln versteckt, aber stattdessen einen Wurfstern wie ihn nur Vampire verwenden wurfbereit in der Hand verborgen. „Sicher. Sicher seid ihr sicher.“, sagte er mit einem spöttischen Blick. „Verdammt! Wer bist du und was willst du hier?“, fragte der Elb, der mittlerweile seinen Langbogen auf Azarun gerichtet hatte und einige Schritte zurückgewichen war. Endlich rührte sich der Elb, den Azarun als Magier enttarnt hatte. „Er ist ein Vampir und wenn ich den Gesichtsausdruck richtig interpretieren will er Blut.“ Der Hauch eines Lächelns umspielte seine Lippen. Azarun ignorierte ihn vorerst. Seine Aufmerksamkeit galt eher den anderen beiden. Zuerst stand ihnen die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben, dann regte sich der Krieger in ihnen. Aber obwohl beide ganz außerordentlich schnell waren, Azarun war schneller. Der Wurfstern wurde zu einem sirrenden Blitz aus silbernen Licht und traf genau die Kehle des Elbenmagiers. Erst als dieser tot auf dem Boden aufschlug griffen die anderen zwei an. Das kurze Pfeifen eines Pfeils durchschnitt die Luft und Azarun spürte einen stechenden Schmerz in seiner Schulter pochen, achtete jedoch nicht weiter darauf. Er duckte sich unter einem wuchtig geführten Schwertstreich hindurch, rollte auf den Bogenschützen zu, trat diesem die Beine unter dem Leib weg, sprang sofort auf und riss den Elb hart zu sich heran. Azaruns Fußfeger hätte der Elb vielleicht nicht sehr beeindruckt, aber so wurde er fast von den Füßen gerissen und lies seinen Bogen fallen. Azarun benutzte seinen Körper als Deckung vor dem Schwert des verbliebenen Elben. Langsam nahm er hinter dem Rücken verborgen ein kleines Wurfmesser zur Hand. „Du hast etwas, das ich dringend brauche.“, flüsterte er dem Elb ins Ohr. „Lass ihn los du Bastard!“, schrie der Schwertträger mit einem hysterischen Unterton in der Stimme. „Komm und hol dir deinen Freund.“, forderte Azarun gleichgültig. Der Elb hob sein Schwert, lief tatsächlich auf Azarun zu und stieß einen lauten Schrei aus. Er rannte direkt in Azaruns Wurfmesser und starb ohne jedes Geräusch. Azarun wandte sich jetzt seiner Beute zu. Der Elb versuchte mit aller Kraft zu befreien, doch all seine Fluchtversuche erstarben, als Azarun seine Fangzähne seinen Hals Grub. Gierig trank er das hervorsprudelnde Blut. Den Elb verließen langsam aber stetig seine Kräfte und er sank hilflos in Azaruns Arme. Einige weitere Minuten verbrachte Azarun noch bei seiner Beute, dann richtete er sich wieder auf und wischte sich kurz über den Mund. Er trug die Leichen der drei Krieger zusammen und verbrannte sie. Die Zeiten in denen man Elben töten konnte ohne sich um ihre Leichen zu kümmern waren schon lange vorbei. Gerade als er sich umdrehen und einen Weg aus dem Wald suchen wollte wurde seine Aufmerksamkeit auf ein winziges Funkeln zwischen der verbliebenen Asche gezogen. Ein winziges silbernes Amulett lag zwischen den verkohlten Überresten. Azarun ging neben den schwarzen Resten in die Hocke und nahm das Schmuckstück an sich. Trotz dem Feuer, das Azarun entfacht hatte, war das Silber völlig unbeschädigt. Es war nicht einmal warm. Und, bemerkte Azarun als er genau hinsah, es war auch nicht aus Silber gemacht. Über die Oberfläche zogen sich beständige Kreise, fast so als ob es kein Metall wäre sondern Wasser. Und genau das war auch auf dem Amulett abgebildet, eine Quelle über der eine hell strahlende Sonne stand. Der Gedanke ob es gut war den Elben zu töten keimte in Azarun auf. Er hatte wahrscheinlich gewusst wo sich die Quelle befand. Wenn es diesen ominösen ort wirklich gibt, fügte Azarun zweifelnd hinzu. Er stand wieder auf und sah sich um. Es war nicht das erste mal, das jemand nach der Quelle allen Wassern suchte, nur war es das erste mal, das ein Vampir die Suche begann. Bisher waren es nur abenteuergierige Schatzsucher oder vom Leben gelangweilte Reiche gewesen, die selbstverständlich bis heute nichts gefunden hatten. Aber Azarun wusste aus eigener Erfahrung, dass es keinen Menschen auf dieser Welt gab, der genau sagen konnte wo die Quelle zu finden war. Sicher, es gab einige wenige, die wussten, dass es sie gab, aber mehr auch nicht. Und in mehreren Jahren hatte Azarun auch herausgefunden, dass es sich mit den Elben genauso verhielt. Ja, Azarun hatte schon einmal nach diesem Ort gesucht. Damals hatten ihn einfach die Geschichten, die man sich davon erzählte, fasziniert. Aber schon damals hatte er nichts gefunden. Im Grunde hatte er nicht nur den Ort der Quelle nicht herausgefunden, sondern auch nichts weiteres in Erfahrung bringen können. Unzählige Stunden hatte er mit Befragungen von Leuten, die solche Dinge normalerweise wissen mussten, und nichts ergab sich daraus. Er hatte unendlich viele Stunden mit dem lesen von Büchern verbracht, in denen normalerweise solche Dinge stehen mussten, und wieder ergab sich nichts. Nach fünf Jahren gab er auf, es war sowieso nur ein...Hobby. Jetzt war es ein Auftrag und wieder schien es, als würde sich nichts ergeben. Doch endlich hatte Azarun eine Spur, wenn auch eine geringe. Elben waren schon immer sehr naturverbunden gewesen, warum also sollten sie Amulette herstellen, auf denen die Quelle abgebildet war, ohne zu wissen wo sie sich befindet. Jetzt musste Azarun nur noch die Siedlung von ihnen finden. Er wusste, dass sie es ihm niemals verraten würden, aber er hatte Mittel und Wege ihnen das Wissen zu entreißen. Azarun sammelte seine Gedanken und lies seinen Geist den Wald durchstreifen. Schon nach einer Minute wusste er wie groß der Wald war, welche Form er hatte, er kannte nun jeden Elb, der sich zur Zeit im Wald befand und wusste wo sich zur Zeit besonders viele von ihnen aufhielten. Da musste er hin, sicher war das die Siedlung. Ganz langsam, fast schon zärtlich zog Azarun ein Amulett unter seinem Hemd hervor. Seit er es vor langer Zeit gefunden hatte, trug er es um den Hals. Auch wenn der Schmuck unscheinbar und wertlos aussah hatte er Azarun schon mehrere Male das Leben gerettet. Jetzt schloss er es fest in die Hand. Blasses Licht umhüllte ihn und langsam wurde seine ganze Gestalt eins mit diesem Licht bis sie sich ganz aufgelöst hatte. Dann ballte sich das Licht zusammen um eine kleinere Gestalt nachzuahmen. Als sich das Licht schließlich zurückzog war aus Azarun ein mächtiger Wolf geworden. So konnte er sich mitten unter diejenigen mischen, deren Wissen er haben wollte.
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