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Autor Thema: Crimson Sun - Drachenblut  (Gelesen 3392 mal)
vetole
Neuankömmling
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Wesen & Alter: Rhonokaloke
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« am: 30.März.2009, 16:11:52 »

Kritik herzlich willkommen. :]
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Prolog

Jacc zitterte am ganzen Körper. Nicht vor Kälte, nicht diesmal. Obwohl er es zu jeder Zeit hätte darauf schieben können. Denn in diesen Breiten herrschte ewiger Winter. Den Bewohnern hier waren Begriffe wie Sommer, Strand und Wärme wahrscheinlich vollkommen unbekannt. Falls es hier überhaupt Bewohner gab. Kein klar denkendes Wesen würde hier freiwillig Leben wollen. Nur er konnte es sich leider nicht aussuchen, wo er sich in diesem Moment aufzuhalten hatte. Der Befehl kam von ganz oben.
Es war eher ein intensives Gefühl von Angst, das in ihm tobte. Eine Angst, die er bis dahin noch nie gespürt hatte und die ihm deshalb Unbehagen bereitete.
»Sie konnten überall landen!« hieß es, also auch hier. Auch, wenn er sich momentan nichts mehr wünschte, als das »überall« eben überall anders wäre, nur nicht hier. Er biss die Zähne zusammen und zog den Kragen seines Mantels noch etwas höher, in der Hoffnung, dies würde ihn vor dem eisigen Wind schützen. Er starrte weiter zum Himmel, um irgendeine Veränderung wahrzunehmen. Die ließ jedoch auf sich warten. Niemand wusste, wann und wo die Raumschiffe der Lorras auftauchen würden. Niemand konnte sagen, wie viele von ihnen kamen. Und keiner wusste, ob sie selber dieses Zusammentreffen überleben würden.

- - -

Etliche hundert Meilen war er nun schon gelaufen. Er hatte sogar die heißeste Wüste durchquert, die es auf diesem Planeten gab. Nicht, dass ihm die Hitze etwas ausmachte. Er hatte schon viel schlimmere Hitzewellen erlebt. Im Vergleich dazu war diese Wärme hier eigentlich noch angenehm. Aber trotzdem. All zu lange sollte man ihn nicht im Ungewissen lassen. Er fragte sich, wieso sein Vater ausgerechnet Ihn hier her geschickt hatte, wo er doch lieber an dessen Seite sein wollte. So wie sein Bruder. War Anamo überhaupt bei seinem Vater? Oder saß er gerade an irgendeiner Küste. Er wusste es nicht. Vielleicht hätte er ihn vor ihrer Trennung fragen sollen. Nun war es dafür zu spät.
Er blickte sich um, ob sich nicht zufällig jemand in seine Nähe verirrt hatte, der ihm Gesellschaft leisten könnte. Schüttelte aber enttäuscht seinen Kopf und seufzte. Die einzigen, die bald auftauchen würden, machten hier sicherlich alles Mögliche. Nur kein Picknick mit Himmelsbeobachtung.
Ihm wäre es lieber, wenn diese Typen das ganze einfach abblasen und sich wo anders Feinde suchen würden. Aber das war wohl nur ein frommer Wunsch.
Omana suchte unter einem der stark hervorstehenden Felsen Schutz und warf sofort wieder einen Blick in den Himmel. Vielleicht würden die ja diese Hitze hier gar nicht aushalten, wenn sie mit ihren Schiffen landeten. Vielleicht würden sie, von der Hitze vertrieben, sofort wieder umkehren und niemals wieder kommen. Vielleicht…
Nein. Dachte er. Niemals. Die ganz sicher nicht.
Er beobachtete, wie sich langsam eine kleine Wolke vor die Sonne schob und genoss den Augenblick der Abkühlung.

- - -

»Meinst du, die kommen noch heute?«
Die Frage riss den alten Drachen aus seinen Gedanken.
»Hm. Keine Ahnung. Um ehrlich zu sein, die könnten von mir aus weg bleiben.«
Úru-Loki streckte sich und atmete hörbar aus, sodass ein paar Sandkörner vor seinem Gesicht in einer kleine Staubwolke davon wirbelten. Er sah zum blauen Himmel empor und schüttelte dann träge seinen mit Hörnern übersäten Kopf.
»Die sind sicher ganz in der Nähe. Sonst hätte Ruku nicht solch eine Panik veranstaltet.« Er gähnte noch einmal herzhaft und gurgelte mit einem tiefen Grollen, um den Schleim aus seinem Hals zu bekommen.
»Ok. Dann sollten die sich aber wenigstens auch zeigen. Ich meine, wenn die noch länger brauchen, werden wir bald einge …«
»Und du solltest dir nie so etwas wünschen! Hoffe lieber das Gegenteil. Aber selbst das macht es nicht besser. Niemand weis, wie viele von denen kommen. Oder ob wir morgen überhaupt noch leben.«
Tamaris senkte betrübt seinen Kopf. »Verzeih. Ich wollte nicht … Es ist nur so, dass ich des Wartens müde bin. Da darf ich zum ersten Mal bei einer eurer Aktionen dabei sein und mitkämpfen. Und dann so was.«
Der Alte lächelte den gerade erst ausgewachsenen Drachen zu und legte seine Flügelkralle vorsichtig auf dessen Kopf.
»Noch ist nicht alles verloren. Es besteht immer noch Hoffnung, dass wir bei dem ganzen hier die Oberhand behalten. Also, nicht verzagen!«
Mit einem Ruck erhob er sich und streckte seine Flügel aus.
»Ich werde noch einen Rundflug wagen. Achte du derweil auf ungewöhnliche Anzeichen am Himmel. Und sobald du etwas bemerkst, setz dich mit mir in Verbindung! Und sei es nur eine Wolke, die dir verdächtig vorkommt.« Leicht nur stieß er sich ab und erhob sich sofort. Er gewann schnell an Höhe, drehte noch ein paar Runden über den Hügel, auf dem der junge Drache saß, und ließ ihn dann allein zurück.
So allein gelassen wollte Tamaris es sich gerade gemütlicher machen, als er ein seltsames Wirbeln am Himmel bemerkte. Kleine Wolken türmten sich aus dem Nichts heraus übereinander und wurden immer dichter und größer. Erstaunt sah er diesem Geschehen regungslos zu. Dann begriff er. Mit der Kraft seiner Gedanken benachrichtigte er die anderen Drachen. Es war noch nicht zu spät.
Kaum hatte er, wie von Úru-Loki befohlen, Schutz gesucht, kamen auch schon die ersten feindlichen Flieger durch die unnatürlich entstandenen Wolken gejagt. Sie hielten nur wenige Meter über der Erde. Es waren Hunderte, wenn nicht sogar Tausende, soweit er es einschätzen konnte. Seltsam oval geformter Raumschiffe. Jedes groß genug, um noch einmal Tausende von ungebetenen »Gästen« in sich zu verbergen. In der Ferne beobachtete er einen Feuerball, der an der Außenwand eines der Schiffe aufschlug. Jedoch ohne die erhoffter Wirkung.
»Verdammt! Schutzschilde!« fluchte Tamaris.
Jetzt sah er die ersten Drachen kommen. Sie flogen mit hoher Geschwindigkeit auf die noch immer wachsende Raumschiffflotte zu und schossen ununterbrochen Feuerbälle und andere Geschosse auf sie ab. Jacc landete dicht bei Tamaris, ohne von diesem bemerkt zu werden, um in derselben Bergspalte Schutz zu suchen.
»Was tust du noch hier? Du solltest doch so schnell wie möglich von hier verschwinden, wenn sie auftauchen!« sagte Jacc.
Der junge Drache zog seinen Kopf ein und sah den Halbdrachen unschlüssig an. »Loki meinte, ich sollte hier bleiben und mir ein Versteck suchen.« Dann blickte er wieder in die Richtung der Schlacht.
»Ich wollte doch mitkämpfen,« beharrte er.
»Und was willst du hier ausrichten? Du wärest doch einer der Ersten, die hier umkommen. Nicht ohne Grund sollen alle Drachen unter zweihundert Jahren sich in sichere Gebiete begeben.« Als er sah, dass der junge Drache protestieren wollte, winkte er barsch ab.
»Dir wurde die Genehmigung erteilt, so weit wie möglich zu helfen, weil du Rukus Sohn bist. Aus diesem Grund haben die Menschen etwas mehr Vertrauen zu dir. Mehr als zu mir oder Omana. Aber nun Schluss!« beendete er seinen Vortrag.
»Flieg nach Süden und benachrichtige so viele Menschen wie möglich! Solange wir nicht wissen, ob sie auch in Gefahr sind, sollten wir sie nicht ohne Schutz lassen.«
Tamaris blieb nicht genug Zeit, etwas zu erwidern. Jacc hatte sich leichtfüßig erhoben und in einen Drachen verwandelt. Er flog sofort in Richtung des Schlachtfeldes und nahm, zusammen mit den anderen Drachen, die feindlichen Raumschiffe unter Beschuss.

Tamaris machte sich widerstrebend auf dem Weg  nach Süden. Je länger er flog, umso mehr Drachen kamen ihm entgegen. Manche sahen ihm verwundert hinterher, nahmen sich jedoch nicht die Zeit zu fragen, weshalb gerade er sich von der Schlacht entfernte.

Gerade als er die südliche Küste des Kontinentes erreicht hatte, traf er auf Omana.
»Was zum …? Was machst du hier?« plusterte dieser sich auf. »Solltest du nicht mit den Anderen im Norden sein um die Angriffe dieser Lorras zu stoppen?« fragte ihn dieser noch im Flug.
»Das tät ich ja gerne. Aber Jacc meinte, ich soll die Menschen auf Abena warnen. Die im Norden wurden scheinbar schon von ihm selber in Sicherheit gebracht.«
Der Halbdrache nickte und schaute in die Richtung, aus welcher Tamaris gekommen war.
»Dann mach das. Ist wohl auch das Beste.« Er blickte wieder zurück zu dem jungen Drachen. »Weißt du, wie viele es sind?«
»Hunderte.« antwortete Tamaris schwer schluckend. »Und es werden sicherlich noch mehr. Ich hab nur die ersten von ihnen gesehen. Ich wünschte …« Er verstummte und sah ebenfalls nach Norden.
»Warum werden wir eigentlich angegriffen?« fragte Tamaris plötzlich. »Loki hat ein Geheimnis draus gemacht. Er sagte nur, dass der Konflikt dafür schon so lange zurück liegt, als das er mir das mit drei Worten erklären könne.«
Der Halbdrache nickte nur knapp zum Verständnis. »Mehr kann ich dir auch nicht sagen. Ich bin einfach noch zu jung.«
Er blickte besorgt nach Norden.
»Nun ist es aber Zeit. Sie erwarten mich sicher schon.« Dann schwang er seine Flügel und flog nach Norden, der Schlacht entgegen.
Tamaris blickte Omana traurig nach. Irgendetwas sagte ihm, dass er den Halbdrachen vielleicht nie wieder sehen würde. Er seufzte laut und flog weiter in Richtung Süden, auf die Inseln zu, deren Berge er am Horizont schon sehen konnte.

- - -

Tamaris hatte bereits den größten Teil der Inselbewohner von Abena in Sicherheit gebracht, als plötzlich Unruhe in ihm aufstieg. Er schaute nach Norden. Es überraschte ihn, trotz der großen Entfernung noch Kampfhandlungen zu sehen. Gelegentlich tauchten Raumschiffe über dem Horizont auf. Sie wurden jedoch rechtzeitig zurückgedrängt oder zerstört.
In Gedanken versunken dachte an das Gespräch mit Úru-Loki von heute Morgen. Seine Fragen, warum die Lorras nur an einer Stelle auftauchen würden und warum man überhaupt warten musste, bis deren Schiffe in die Atmosphäre von Ason eintreten und warum man sie nicht schon im Weltraum angriffe, all diese Fragen hatte der alte Drache anfangs nur wiederwillig und mit einem Seufzer beantwortet. Da Tamaris jedoch zu neugierig war, um sich mit den einsilbigen Antworten zufrieden zu geben, hatte Úru-Loki schließlich nachgegeben. Er hatte ihm erklärt, dass es auch von Vorteil ist, dass die Lorras nur durch eines der Tore in die Atmosphäre vordringen können. Lieber lassen wir ihnen dieses eine Tor, bevor sie den gesamten Schutzschild angreifen, um auf den Planeten zu gelangen! Soweit ich mich erinnern kann, sind Lorras noch nie geduldig gewesen. Und so müssen wir uns nicht gegen alle auf einmal zur Wehr setzen.
Und im Weltall? Dachte Tamaris.
Dort wäre es genau so. Dort wären sie im Vorteil.
Inzwischen befanden sich fast alle Menschen und der größte Teil ihrer Nutztiere in den tiefen Höhlen der Berge in Sicherheit. Tamaris landete mit den letzten Menschen auf seinem Rücken, als er eine leichte Druckwelle verspürte. Wieder schaute er in die Richtung des Kampfes. Einige der Menschen taten es ihm gleich. Er spürte, dass sie alle in großer Gefahr waren.
»Schnell! Geht in die Höhlen!« rief er und drängte die letzten Menschen gerade noch rechtzeitig in den Eingang. Dann kauerte er sich selber Schutz suchend in den Windschatten des Berges. Da erreichte ihn eine noch viel gewaltigere Druckwelle und riss ihn fast von den Beinen. Als er sich wieder aufrichtete, kam eine weitere, ebenso starke Welle, die ihn gegen eine Felswand schleuderte und ihm die Besinnung nahm. Das letzte, was er wahrnahm, war das Kreischen und Weinen der verängstigten Menschen und die riesigen Felsbrocken, die von oben auf ihn fielen. Dann wurde es dunkel und still um ihn.

- - -
« Letzte Änderung: 30.März.2009, 16:25:26 von vetole » Gespeichert


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« Antworten #1 am: 30.März.2009, 16:24:22 »

Regungslos standen Jacc und Omana da und starrten in den Himmel. Was sie da sahen, konnten sie einfach nicht glauben. Als wenn diese Massen von Lorra-Schiffen nicht schon genug wären. In großer Höhe tauchte ein weiteres Schiff auf, in welches gut und gerne tausende von diesen, selbst schon riesigen, Raumschiffen Platz gefunden hätten und öffnete auf seiner Unterseite ein Tor.
Úru-Loki, der die beiden bemerkte, kam auf sie zu und wollte gerade fragen was los sei, blickte dann aber ebenfalls nach oben und erstarrte. »Was zum… ?« Geistesgegenwärtig fuhr er die beiden an.
»Macht, dass ihr hier weg kommt! LOS!« Kaum hatte er das gesagt, da entlud sich aus dem Tor des riesigen Raumschiffes eine Druckwelle. Sie war nicht wirklich stark, ließ jedoch ein paar der Drachen über das Schlachtfeld taumeln. Einige von ihnen stürzen zu Boden. Als diese sahen, was sich über ihnen abspielte, war es schon fast zu spät. Plötzlich zogen sich alle Lorra-Schiffe zurück. Die Drachen konnten nur ahnen, was nun auf sie zu kommen würde. Instinktiv suchten sie in der Nähe der Gebirge Schutz. Jedoch nur wenigen von ihnen gelang es noch rechtzeitig.
Jacc hatte in einer winzigen, weiter vom Zentrum des Kampfes entfernten Höhle, Schutz gefunden, als er die Druckwelle wahrnahm. Obwohl diese ihn nicht direkt traf, wurde er gegen die gegenüberliegende Wand geschleudert. Für einen winzigen Moment verlor er die Besinnung. Als er seine Augen wieder öffnen wollte, durchfuhr ihn der Druck der zweiten Welle. Zwar blieb er diesmal bei Bewusstsein, fühlte jedoch so starke Schmerzen in seinem Körper, dass er sich übergeben musste.
»Verdammt noch mal!« stöhnte er, als er sich langsam und vorsichtig erhob. »Was zum Teufel war das?«
Er näherte sich vorsichtig dem Ausgang der Höhle und schaute in geduckter Haltung nach draußen. Was er zuerst wahrnahm, war eine ohrenbetäubende Stille. Kein Laut. Kein Geräusch. Nichts. Nur Stille.
Mehr als hundert Drachen lagen, eingehüllt von dieser plötzlichen Stille, regungslos am Boden. Trotz der großen Entfernung erkannte er einige, mit denen er sehr gut befreundet gewesen war. Erneut durchfuhr Schmerz den Halbdrachen. Diesmal jedoch kein körperlicher.
»Verdammte Lorras!« hörte er es plötzlich neben sich keuchen. Es war Omana. Er kam aus seinem Versteck, nur wenige Meter von dem seinen entfernt. Und noch während dieser sich in einen Drachen verwandelte, stürmte er auf das Schlachtfeld zu.
»ICH MACH EUCH FERTIG!« schrie er außer sich vor Wut. Er bekam nicht mit, dass Jacc ihn zurückrief.
Jetzt wollte Jacc ihm gerade folgen, als dieser aus dem Augenwinkel einen Schatten wahrnahm. Es war Úru-Loki, der dem jungen Halbdrachen folgte, welcher jetzt wie wild geworden auf das riesige Raumschiff zuflog.
»Omana! Lass den ! Was soll das?« schrie dieser ihm nach und holte ihn gerade noch rechtzeitig ein. Wütend riss er ihn zurück zum Boden, als er ein leises Grummeln hinter sich spürte. Er sah in die angstvoll aufgerissenen Augen Omana‘s und blickte sich um. Ein stark gebündelter Lichtstrahl berührte den Boden, nur wenige Meter von ihnen entfernt. Ein leichtes, immer stärker werdendes Beben erschütterte die Erde. Der alte Drache drängte Omana zurück zu den Schutz bietenden Höhlen. Sie hatten sich kaum in Bewegung gesetzt, als Omana stolperte und fiel. Úru-Loki, voller Hast und Angst, versuchte dem jungen Halbdrachen hoch zu helfen. Wie von Blitz getroffen hielt er inne und drehte sich um.
»Großer Gott« flüsterte er leise.
Dann warf Úru-Loki sich blitzschnell auf Omana und bedeckte ihn mit seinem Körper. »Verzeih mir,« flüsterte er noch, dann erreichte sie eine Druckwelle, viermal so stark wie die voran gegangenen und fegte durch sie hindurch, als wären sie Luft.

- - - -

Jacc lief stumm zwischen den Leichen der Drachen umher und notierte die Namen derer, die er wieder erkannte. Er hob traurig seinen Blick zum Himmel und hoffte, dass noch ein paar andere Drachen auftauchen würden. Seitdem die Raumschiffe wieder verschwunden waren, schien eine Ewigkeit vergangen zu sein. Wie Úru-Loki anfangs gesagt hatte, waren die Lorras nicht auf Eroberung aus. Sie wollten nur zerstören. Sich rächen für etwas, woran die Opfer dieses Massakers eigentlich gar keine Schuld trugen. Doch Jacc konnte es damals nicht verstehen. Úri-Loki hatte nur gemeint, dass die Feigen sich eben immer erst die schwächsten vornehmen. Jacc hatte weiter gefragt, warum diejenigen, die die Schuld an der Wut der Lorras trugen, ihnen nicht wenigstens zur Seite standen. Schließlich waren sie doch Verbündete. Friedenspartner. Oder zumindest waren sie das mal gewesen. Jacc schluckte schwer. Die sollen sich hier nur noch einmal Blicken lassen! Dann werden sie sehen, was für tolle Friedenspartner wir sein können!
»Sie haben Ruku gefunden!« hörte er hinter sich jemanden sagen. Er drehte sich um und blickte in Anamos Gesicht. Stumm nickte er nur und sah zu einem der leblos am Boden liegenden Drachenweibchen.
»Es hat keinen Sinn, ihre Namen zu notieren.« Wütend warf er den Block zu Boden. »Sie sind alle …«
Er sprach nicht weiter und sah wieder zu Anamo. »Überlebt haben nur jene, die klein genug waren, um in den Höhlen Zuflucht zu finden. Eben nur die Halbdrachen.« Er blickte sich um. »Und jene, die gar nicht erst mit hier waren. Zumindest können wir das mit Sicherheit sagen. Die ersten jungen Drachen sind schon eingetroffen und helfen bei der Bergung der Toten.«
Anamo trat neben ihn und hob den Block wieder auf. »Hast … hast du…« Er stammelte und überflog die Namen.
»Deinen Bruder? Loki? Nein. Zum Glück.« Er lies seinen Blick einen Moment lang über die Ebene schweifen. »Zumindest bisher noch nicht. Vielleicht finden wir sie auch gar nicht mehr. Du hast gesehen, was mit denen passiert ist, die im Zentrum lagen. Es ist ein Wunder, das überhaupt noch etwas von ihnen übrig ist.«
Beide senkten zugleich ihre Blicke.
»Vielleicht … vielleicht wurde er ja auch nur weggeschleudert und taucht wieder auf. Ich würde es doch sicherlich irgendwie spüren, wenn er … tot wäre. Er ist schließlich mein Zwillingsbruder. Und Loki … er …« Anamo sah auf und sah Jacc mit einen gequälten hoffnungsvollen Blick an. »Er kann doch gar nicht sterben! Schon vergessen? Er ist einer der vier Hâmaa. Er kann gar nicht Sterben!«
Jacc nickte nur stumm und wand sich um. »So heißt es zumindest.« Die beiden liefen stumm nebeneinander her und näherten sich einer kleinen Gruppe von jungen Drachen und Halbdrachen, die vor den Druckwellen verschont geblieben waren und nun halfen, die Toten zu identifizieren.
»Hat einer von euch Tamaris gesehen?« wurde ihnen zugerufen. »Er war nicht mit bei den jungen und ein paar der älteren meinten, ihn noch vor dem Kampf hier gesehen zu haben.«
Jacc schüttelte seinen Kopf. »Ich hab ihn von hier fort geschickt. Er sollte die Menschen im Süden in Sicherheit bringen. Seitdem hab ich ihn nicht mehr gesehen.«
»Dann ist er vielleicht noch dort.« Sagte einer der jungen Drachen voller Hoffnung.
»Er… er ist nun…« Er sprach nicht weiter, aber jeder der anwesenden wusste, was er sagen wollte. Da die älteren Vollblutdrachen alle gefallen waren, war er nun der älteste von ihnen.
Jacc schluckte schwer, als er sich dies bewusst machte. Tamaris, der älteste. Und das mit seinen gerade mal zweihundertfünf Jahren. Gerade alt genug, um als ausgewachsen zu gelten, sollte er nun der älteste Drache auf Ason sein. Er schüttelte betrübt seinen Kopf.
»Hat einer von euch Loki oder Omana gesehen?« fragte er vorsichtig. Als er die überraschten Blicke der anderen sah, wusste er die Antwort bereits.
»Loki fehlt?« sprach einer der Halbdrachen die Frage aus, die allen anderen im Gesicht stand. »Waren sie nicht bei dir, als wir Schutz suchten? Ich war der Meinung.«
Ein anderer Halbdrache schüttelte, seinen Kopf. »Die beiden waren doch nach den starken Druckwellen wie verrückt auf dieses riesige Teil zugeflogen. Wurden sie etwa von der letzten erfasst?«
Jacc nickte nur. »Omana ist voller Wut losgestürmt. Ich wollte ihm hinterher, doch Loki war schneller. Ich sah nur noch, wie er ihn zurückzog. Dann war da diese Lichtsäule oder was auch immer das war. Und als es anfing zu beben, suchte ich in der Höhle Schutz. Seitdem hab ich sie nicht mehr gesehen.« Er verstummte, als ein jüngerer Drache im wilden Flug auf die Gruppe zukam.
»Sie haben Tamaris gefunden!« schrie er. »Er liegt auf Abena und ist von Felsen verschüttet!« Kaum war der Drache gelandet, musste er wieder starten. Jacc und noch ein paar andere folgten ihm auf seinem Rückweg.

- - -

»Lebt er noch?« Die Frage kam von dem jungen Drachen, der sie nach Abena geführt hatte. Jacc nickte. »Er ist schwer verletzt und wird, wenn er aufwacht, sicherlich einen Mordskater haben. Aber er wird es überleben. Keine Angst.« Er lächelte dem Drachen zu. Der junge Drache, mit Namen Lurock, war ein enger Freund von Tamaris. Die beiden waren zusammen aufgewachsen, da die Höhlen ihrer Eltern nahe beieinander lagen. Jacc schaute den Drachen an. Es waren nicht einmal zwei Tage vergangen, als die beiden noch glücklich herum getollt waren. Ohne Ahnung, was auf sie zukommen würde. Nun waren all diese jungen Dinger elternlos. Wie er schon geahnt hatte, war keiner der älteren Drachen, die bei der Schlacht gegen die Lorras mitgekämpft hatten, am Leben geblieben.
Er stand auf und rief einen der Halbdrachen zu sich.
»Holt die Mensche aus den Höhlen. Wir sollten sie nicht noch länger dort drin lassen.« Der andere nickte und lief mit zwei weiteren auf die Eingänge der Höhlen zu.
Jacc blickte wieder auf Tamaris, der wie ein lebloses Monstrum wirkte. Es hatte ihn immer erstaunt, wie groß der junge Drache geworden war, den er von Ei an kannte. Ruku, dessen Vater, hatte zwar eine erstaunliche Körpergröße gehabt, aber neben seinem Sohn wirkte er vor allem in letzter Zeit geradezu winzig. Jacc strich dem ohnmächtigen Drachen behutsam über den Kopf. Noch vor wenigen Tagen hatte Ruku ihm versprochen, gemeinsam zu den Honneg-Inseln zu fliegen, um sich dort mal wieder den Bauch mit Fisch und anderen Wassertieren voll zustopfen. Wehmütig dachte Jacc daran, dass daraus nun leider nichts mehr werden würde.
Er wollte sich gerade von Tamaris entfernen, um nach den Menschen zu schauen, als der Drache ein leises Stöhnen von sich gab. Überrascht schaute Jacc ihn an. Auch ein paar der anderen sahen auf und kamen auf den Drachen zu.
»Tamaris. He! Hörst du mich?« rief Jacc ihm zu, während er seinen Kopf leicht tätschelte.
Der Drache öffnete grummelnd eines seiner Augen und murmelte.
»Ja klar. Du stehst ja auch direkt vor mir.« Er schnaubte den Halbdrachen an und schloss wieder das Auge. »Wäre echt freundlich, wenn du meinen Kopf in Ruhe lassen könntest. Der dröhnt auch so schon genug.«
Jacc lächelte sein breitestes Lächeln, als er das hörte.
»Den Göttern sei Dank. Als wir dich hier fanden, dachten wir zuerst, du seiest tot!«
Der Drache schnaubte wieder, öffnete nun beide Augen und hob seinen Kopf.
»Viel gefehlt hat da ja nicht mehr.« Er sah sich um und sah auf die anderen, die sich um ihn versammelt hatten.
»Was war das, Jacc? Ich wurde mit voller Wucht gegen die Wand geschleudert. Was war bei euch los?« Er besah einen Moment seinen dunkelgrünen Körper und schaute dann wieder zu Jacc, der plötzlich mit traurigem Blick in die Augen des Drachens sah.
»Was ist passiert?« fragte er mit bebender Stimme, die nicht mehr als ein Flüstern war.

- Prolog Ende -
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« Antworten #2 am: 02.April.2009, 21:16:31 »

Kapitel 1

Ich hatte Schule nie besonders gut leiden können. Und es besserte sich ganz und gar nicht, als man ohne meine Meinung dazu zu hören entschied, dass ich denselben Weg wählen sollte, wie mein Vater.
Nun besuchte ich schon seit zwei Jahren die Kurse, die mich zu einem zukünftigen Daccar machen sollten. Daccar. Wenn ich an diesen … Status dachte, zogen sich meine Magenwände spürbar schmerzhaft zusammen. Auch wenn dieser Beruf wahrscheinlich der begehrteste in diesem Land – vielleicht sogar auf dem ganzen Planeten war, hatte ich doch eine gewisse Abneigung dagegen entwickelt. Nicht, dass dies direkt an die Personen selbst ging, die ihre Lebensaufgabe darin sahen, mit Drachen durch die Länder zu ziehen und á la Söldner kleinere und manchmal auch größere Aufgaben zu erledigen.
Daccar waren so etwas, wie die Ritter des Königs hatte mir mein Vater einmal erzählt, als er mich wieder einmal überzeugen wollte. Nur hier im Königreich Thal konnte man Daccar werden. Und sie waren die einzigen, die in Begleitung von Drachen herum reisen durften. Nicht, dass ich mir darunter etwas spannendes vorstellen konnte. Und auch dieser ganzen Wirbel darum war mir unerklärlich. Letzten Endes ließen sie ja doch nur die Drachen die Drecksarbeit machen. So hatte ich es zumindest verstanden. Denn wenn mal wieder ein Artikel über eine gelungene Arbeit eines Daccar in der Zeitung stand, klang es deutlich danach: »Überschwemmte Landschaft dank Daccar wieder nutzbar«; »Waldbrand konnte durch Daccar gelöscht werden« oder »Menschen nach Erdrutsch von Daccar gerettet«.
Seufzend hatte ich jedoch indessen aufgegeben, meine Eltern davon zu überzeugen, dass aus mir auch etwas anderes werden könnte. Ihre Antwort war ja doch immer dieselbe geblieben: Das in mir durch und durch ein Daccar stecke.
Kein Wunder. Schließlich waren beide selbst Daccar. Zumindest war es mein Vater noch. Während meine Mama sich nach der Geburt von meinem Zwillingsbruder und mir nur noch mit dem Bürokram befasste, für den die Daccar sorgten, stieg mein Vater vor knapp fünf Jahren zum Daccar-Lord auf. Dem höchsten Rang, den ein Daccar je erreichen konnte. Dadurch war er nun der Repräsentant aller Daccar. Das einzige, was dies für mich bedeutete war, dass er ab da noch seltener zu Hause sein würde.
Wenn ich nun daran dachte, dass alle Welt von mir verlangte, denselben Weg zu gehen, blieb es mir regelrecht im Halse stecken. Anfangs hatte ich mich dagegen gesträubt, die Kurse zu besuchen und war in die normalen Schulstunden gegangen. Das hatte aber nur dazu geführt, dass man mich auch nachmittags da behielt und mir Einzelunterricht gab. Von vornherein war mir damals klar gewesen, dass da mein Vater wieder dahinter steckte. Also gab ich schließlich auf und ging, wie alle anderen zukünftigen Daccar brav zu dem morgendlichen Unterricht, der für mich bestimmt war.
Mit der Zeit merkte ich, dass es sogar Spaß machen konnte. Theoretische Fächer ignorierte ich weitestgehend. Ich war auch so nie sonderlich gut darin gewesen, Dinge auswendig zu lernen, die man vorher notiert hatte und zusätzlich im Kopf behalten sollte. Dies kam mir zugute, da sich in mir trotz der Nachgabe noch alles gegen diese mir vorbestimmte Zukunft sträubte.
Aber was den praktischen Teil anging, war ich jedes Mal Feuer und Flamme. Auch, wenn im Unterricht nur mit digitalen Drachen trainiert wurde. Wichtig dabei war es nur, sich gut genug auf die Drachen zu konzentrieren. Dadurch schien irgendetwas im Körper auf diese Wesen zu reagieren und für eine mentale Verbindung zwischen Mensch und Drachen zu sorgen. Irgendwann im Verlauf der letzten Jahre hatte Mr. Kalur, der Lehrer der uns das Kämpfen und den Umgang mit den Drachen lehrte, erwähnt, dass dafür ein so genannter DAC verantwortlich war. Was genau das bedeutete hatte ich mir nicht gemerkt. Aber es schien die Bezeichnung für etwas im Körper des Menschen zu sein, das auf die Nähe von Drachen reagierte. Und wie sich heraus stellte, schien es in meinem Körper nur so von diesem DAC zu wimmeln. Eben, wie es von einem zukünftigen Daccar erwartet wurde. Sehr zu meinem Verdruss.
Wiederum sehr zu meiner Freude war durch den nahen Abschluss die für Daccar nötige Schulzeit in nicht einmal dreißig Tagen vorbei. Nach fünf Jahren täglichem Pauken schienen sich diese letzten Tage hinzu ziehen, wie Kaugummi an einer Schuhsohle. Jeder um mich herum fieberte diesem Tag entgegen – mich eingeschlossen. Denn um überhaupt als Daccar oder zuerst Daccar-Anwärter zugelassen zu werden, musste man erstens einen Abschlusstest in der Schule bestehen und dann später bei einem Kampf mit eigenem Drachen richtige Daccar überzeugen. Da ich keinerlei Lust verspürte, mir bei dem einen oder anderen Test Mühe zu geben, wähnte ich mich auf der sicheren Seite der Gewinner. Da konnten mich meine Eltern und Lehrer noch so sehr drängen. Letzten Endes hängt es eben doch an mir, ob ich Daccar werde oder nicht.
Diesen Gedanken im Hinterkopf tragend lies ich es somit zu, noch die letzten Tage meiner hiesigen Schulzeit damit zu verbringen, dass sich meine Lehrern die sinnlose Mühe gaben, mir das eine oder andere ins Gedächtnis zu treiben.
Nur … so kurz vor dem Abschluss war es besonders schwierig, gute Mine zu diesem Spiel zu machen. Die meiste Zeit wurde nur noch Stoff aus den letzten Jahren wiederholt und so viel es mir immer schwerer, während des Unterrichtes wach zu bleiben. So auch an dem Tag, der mein Leben veränderte – was ich zu diesem Zeitpunkt aber nicht einmal erahnte.

»Tan!« Ich versuchte die Stimme zu ignorieren, die sich nervend in meinen recht gemütlichen Traum einmischte. »Tan Omana!« Grummelnd ließ ich die letzten Fetzen schließlich doch verschwinden und öffnete, ein Gähnen unterdrückend meine Augen. Mrs. Cooper, die Frau, die mir in den letzten Jahren die Regeln und Verhaltensweisen der Daccar beizubringen versucht hatte, stand mit vor dem Körper verschränkten Armen vor mir und funkelte mich wütend an. Nicht, dass sie auch so schon schrecklich genug aussah. Sie war mehr Gerippe, als alles andere und schien sich mit dieser hochgesteckten Frisur ihrer schwarzen Haare scheinbar hübsch genug zu halten, um ständig mit allen möglichen männlichen Lehrern zu flirten. Nun hatte sie ihren giftigen Blick direkt auf mich gerichtet – mal wieder -, und tat mal wieder auf bestimmend.
»Tan Omana. Du bist schon wieder im Unterricht eingeschlafen! Mir reicht es jetzt! Du meldest dich sofort beim Direktor!«
Dabei zeigte sie mit ihren knochigen Fingern in Richtung Tür. Von mir aus. War eh die letzte Stunde und Mr. Varner, der Direktor dieser Schule, wusste ganz genau, was ich von den Plänen der Erwachsenen hielt. Auch, wenn er dies offensichtlich ignorierte.
Langsam stand ich auf und sah mich schmatzend in der Klasse um. Natürlich waren alle Blicke auf mich gerichtet. Auch die von Mero und Carvin, meinen Freunden, die mich breit grinsend ansahen und sich nur schwer das Lachen verkneifen konnten. Noch immer schmatzend schliff ich mich in Richtung der Tür und verschwand kurz danach im Gang. Hinter mir hörte ich Mrs. Cooper noch irgendetwas krächzen, verstand aber nicht, was.

Ein paar Minuten später fand ich mich im Sekretariat wieder und wartete, auf einem Klappstuhl sitzend darauf, dass mich der Direktor herein rief. Den Ablauf hier war mir indessen schon ins Blut übergegangen. Es gab in den letzten vier Monaten nicht einen Tag, an dem ich nicht hier gesessen hatte. Schräg links von mir befand sich der Schreibtisch der Sekretärin, die mich schon gar nicht mehr beachtete. Ihren Namen kannte ich nicht, auch wenn er mir schon mehrmals genannt worden war. Dafür ähnelte mir ihre Erscheinung zu sehr jener Frau, die mich gerade eben noch hier her geschickt hatte. Jedes Mal, wenn ich sie ansah, schlich sich mir ein Bild in meine Gedanken, in der alle Frauen so aussahen, wie Mrs. Cooper. Dann lief es mir ständig eisig den Rücken runter. Deswegen versuchte ich nun schon eine ganze Weile, diese Ecke des Raumes zu ignorieren. Mit Erfolg. Denn da sich die Tür zum Direktor rechts von mir befand, brauchte ich meinen Kopf samt Blick nur dort hin zu lenken und darauf zu warten, dass sich die Tür öffnete.
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« Antworten #3 am: 02.April.2009, 21:17:51 »

Es vergingen noch ein paar Minuten, ehe sich endlich die Tür öffnete und Mr. Varner im Durchgang erschien.
»Mr. Omana.« Seine Stimme war wie jedes Mal tonlos und fordernd. Ich erinnerte mich an das unsicher Gefühl in meiner Magengegend, als ich sie vor knapp zwei Jahren zum ersten Mal gehört hatte. Doch damals hatte ich sehr schnell mitbekommen, dass der Direktor diese Stimmung nur so lange aufrecht hielt, wie die Tür geöffnet war. Denn kaum, dass diese hinter meinem Rücken geschlossen war, sprach er mit deutlich sanfterer Stimme weiter. Ich wusste natürlich, dass auch dahinter wieder der Einfluss meines Vaters steckte. Niemand, dem der eigene Ruf bei den Daccar wichtig war, wagte es, meinen Vater den Daccar-Lord – ich schluckte schwer, als ich dieses Wort dachte – gegen sich aufzubringen. Warum auch immer Mr. Varner dachte, dass er mich deswegen mit Samthandschuhen behandeln müsste. Mir wäre es lieber, er würde weiterhin mit der tonlosen Stimme sprechen. Vielleicht würde ich dann … Ich hielt im Türrahmen inne und fragte mich irritiert, was zum Teufel ich da gerade dachte. Ich schüttelte verwirrt meinen Kopf und schloss dann mit einem schnellen Ruck die Zimmertür. Dann drehte ich mich langsam zum Direktor um.
Der Raum war nicht sonderlich groß. An der linken Seite waren große Fenster in der Wand, die jedoch fast vollständig von riesigen Pflanzen verstellt waren. Die anderen Wände waren mit bis zur Decke reichende Regale und Schränke voll gestellt, in denen Ordner, Bücher und andere Bürodinge auf mir unbekannte Art sortiert dastanden.
An der linken Seite, direkt neben einer Pflanze, deren riesige Blätter wunderbar als notdürftige Regenschirme genutzt werden konnten, stand ein hellbrauner, schon recht abgenutzter Schreibtisch. Er nahm fast die gesamte Breite von der Pflanze bis zum gegenüber stehenden Schrank ein. Nur ein kleiner Durchgang für den Direktor selbst war frei gelassen. Ich hatte mir vor einer ganzen Weile mal scherzhaft die Frage gestellt, wie es der Direktor anstellen würde, wenn dieser Durchgang nicht wäre. Ob er dann jedes Mal lässig über den Tisch springen würde? Oder darunter durchkriechen. Mir entfuhr ein leises Kichern bei dem Gedanken. Jedoch ließ mich die finstere Mine von Mr. Varner schnell wieder verstummen. Noch hatte er seine seltsam sanfte Art nicht angenommen, was mich etwas verwirrte. Wollte er mich heute doch zurechtweisen? Hinter seinem riesigen Schreibtisch sah dieser Mann eher schmächtig aus. Er war nicht sonderlich groß und seine Haare waren in den letzten Jahren deutlich ergraut und zurückgegangen. Ob ich daran wohl mit Schuld trug? Noch einmal schluckte ich schwer, dann ging ich die drei Schritte zum Stuhl, der auf meiner Seite des Schreibtisches stand. Vorsichtig setzte ich mich, ohne dabei den Direktor aus den Augen zu lassen.
Dann seufzte er und verschränkte die Finger seiner Hände auf dem Tisch. »Junge. Wo soll das denn hinführen?« Er zog seine Augenbrauen nach oben. Seine Stimme war nun mehr flehend, als verärgert. Er versuchte es also wieder auf diese Weise. Innerlich seufzte ich resigniert aus und lies diese Phrasen erneut über mich ergehen. »Das geht jetzt schon eine ganze Weile so! Wie soll denn ein guter Daccar aus dir werden, wenn du den ganzen Unterricht verschläfst?« Ich lehnte mich mit verschränkten Armen an die Stuhllehne und sah den Direktor starr an. Worauf wollte dieser Mann schon wieder hinaus? Doch bevor ich mir diese Frage zu Ende stellen konnte, beantwortete Mr. Varner sie auch schon selbst: »Überleg doch mal: Du machst deinen Vater nur unheimlich unglücklich. Er verspricht sich doch so viel von dir. Weil er doch der Daccar-Lord ist…«
Ich ließ ihn nicht aussprechen. Wütend sprang ich auf und lies meine Hände auf den Schreibtisch knallen. »Das ist mir doch egal!« schrie ich ihn an und durchbohrte ihn mit einem stechenden Blick. »Ich will gar kein Daccar werden. Was will ich denn damit?«
»Junge, aber…« Ich sah deutlich, wie er nach geeigneten Worten suchte, um mich zu beruhigen. Doch ich war zu aufgebracht, um ihm diese Chance zu lassen. Ich hasste es, wenn sich das Gespräch in diese Richtung bewegte.
»Wenn sie nichts dagegen haben, werde ich dann mal gehen.« Ich schluckte und drehte meinen Kopf zur Tür. Irgendeine Stimme in mir flüsterte mir ärgerlich zu, dass ich letzten Endes doch wieder den Ärger abbekommen würde. Mein Großvater ließ sich lange nicht so schnell einschüchtern, wie es bei dem Direktor der Fall war. Ich schnaubte laut aus und drehte den Blick wieder zurück zum Tisch. »In den Unterricht brauch ich nun sicher nicht mehr zurück, da es eh die letzte Stunde ist.«
Ich sah, wie Mr. Varner etwas erwidern wollte, ließ ihm aber keine Möglichkeit dazu. Mit schnellen Schritten verließ ich den Raum und ließ die Tür hinter mir zuknallen. Im Sekretariat sah mich die Frau mit offen stehendem Mund schockiert an. Doch ich ignorierte sie und rannte wütend nach draußen.
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« Antworten #4 am: 02.April.2009, 21:18:34 »

Wie immer, wenn ich nicht klar genug denken konnte, um in Ruhe zu entscheiden, was ich machen sollte, lief ich blind durch die Straßen. Und wie immer landete ich dabei an meinem Lieblingsplatz in Kims, meiner Heimatstadt. Auch, wenn mir sowohl mein Großvater, als auch mein Vater selbst verboten hatten, hier her zu kommen, saß ich nun am Ufer des Flusses. Das Verbot, hier her zu kommen, lag nicht daran, dass sich die beiden sorgen darum machten, dass ich vielleicht hinein fallen und ertrinken könnte. Der Fluss war nur knapp zwanzig Zentimeter tief und floss eher schleppend als strömend vor sich hin. Zudem war ich ein begnadeter Schwimmer. Noch bis vor einem Jahr war ich im Schwimmteam der Stadt. Doch als ich bemerkte, dass der Trainer der Gruppe ebenfalls versuchte, mich dazu zu bringen, ein Daccar zu werden, schwänzte ich die Trainingsstunden und verließ das Team schließlich endgültig.
Ich setzte mich in das Gras und ließ mich nach hinten fallen. Ein paar Minuten döste ich somit vor mich hin und beachtete die am Himmel vorbei ziehenden Wolken. Dank des Gebirges, in dem Kims lag, herrschte hier meist gutes Wetter. Im Süden wurden die Wolken von den höher gelegenen Berggipfeln aufgehalten und von norden kam nur Meeresluft. Zwar Kalt, da weiter im Norden eine Eisinsel liegen sollte, doch Regenwolkenlos. Zum Westen hin nahmen die Berge ab, bis sie schließlich in das weite Tiefland übergingen und sich in kleineren Hügeln verloren. Wenn es wirklich einmal regnete, was hieß, dass die Wolken aus eben dieser Richtung kamen, dann waren die Niederschläge angenehm lauwarm und niemals zu stark.
Und vom Osten her kam eh nie etwas von den Wolken an. Das Gebirge steigerte sich deutlich in diese Richtung. Und von so manchen Wanderern, die in dieser Gegend ganz und gar nicht gerne gesehen wurden, hatte ich einmal aufgeschnappt, dass sich die Berggipfel bis in die Wolken zogen. So wirklich konnte ich mir das nicht vorstellen. Weiter, als bis zu diesem Flussufer war ich nie weiter nach Osten gekommen. Nicht, dass ich Angst davor hätte, einen Fuß auf die andere Seite zu setzen. Ich respektierte viel mehr die Anweisungen meines Vaters. Nun ja. Wohl nicht allzu sehr. Denn schließlich kam ich immer noch hier her an den Fluss. Obwohl dieser schon Sperrgebiet war. Zu nah lag er an der Grenze zum Drachental. Einem Ort, an den kein Mensch durfte. Weder von den hier heimischen Bewohnern zugelassen, noch von den Drachen selbst. Zudem versuchte mich mein Großvater immer wieder damit einzuschüchtern, dass es einen deutlichen Unterschied zwischen wilden Drachen und denen, die mit den Daccar herum reisten, gab. Während die gebundenen sich Mühe gaben, die Menschen nicht einzuschüchtern, sollten die wilden Drachen keinen Hehl darauf legen, was mit den Menschen passieren würde, denen sie begegneten. Wenn sie einem begegneten. Denn so wie es den Menschen verboten war, auch nur einen Fuß in das Tal zu legen – warum das so war, hatte ich nie wirklich verstanden – noch durften wilde Drachen das Tal verlassen. Ausnahmen waren jene Drachen, die sich den Daccar anschießen wollten, doch durften diese nur nach Thal, der Hauptstadt des Königreiches, in dem ich lebte.
Aber um ehrlich zu sein, war mir das alles viel zu hoch. Es interessierte mich nicht, was es für Abkommen zwischen Menschen und Drachen gab. Hier an diesem Fluss war ich noch einige Meilen von der Grenze zum Drachental entfernt. Also verstand ich es nicht, warum mir der Aufenthalt an diesem Ort verboten war. Ich setzte mich wieder auf und vergrub meinen Kopf zwischen meinen Beinen. Sofort vielen mir wieder die Worte des Direktors ein.
»Verdammt!« murmelte ich und griff nach einem Stein, der in meiner Nähe lag. Gedankenverloren warf ich ihn in den Fluss und legte meinen rechten Arm auf meine Knie, um daraufhin mein Kinn darauf zu stützen. »Wieso vergleichen die mich immer mit Vater? Und ständig dieses Gerede von wegen Daccar! Als wenn …« Ich verstummte und senkte meine Stirn auf die Knie. »Nur weil Vater einer ist, muss ich nicht auch noch einer werden, oder?« Ich wusste, dass es sinnlos war, diese Worte auszusprechen. Mich konnte hier eh niemand hören. Aber es beruhigte mich ein wenig. Wieder griff ich nach einem Stein. Ich hob meinen Kopf und wollte einen Baumstamm auf der anderen Seite des Flusses anzielen, hielt aber plötzlich inne. Nur wenige Meter von mir entfernt befand sich etwas Kleines im Wasser. Wenn die Sonne nicht so sehr in dem Gegenstand reflektiert worden wäre, hätte ich es vielleicht gar nicht mitbekommen. Ich drehte mich auf die Knie und kroch bis zum Wasser, wo ich sofort danach griff. Mein Arm reichte nur knapp und beinahe wäre der Gegenstand durch die plötzlich veränderte Strömung an meiner Hand vorbei geschwommen. Doch ich reagierte schnell genug und zog ihn aus dem Wasser. Dann schob ich mich wieder vom Wasser fort und setzte mich in das Gras. Es war eine kleine weiße Kugel, die milchig-silbrig schimmerte und nicht einmal halb so groß, wie meine Faust war.
»Was ist das?« Fragte ich mich, während ich den Gegenstand zwischen meinen Fingern herum drehte und in näher betrachtete. Ich erwartete nicht, dass mir irgendjemand diese Frage beantworten würde. Dann erinnerte ich mich daran, dass mein Vater so etwas Ähnliches besaß. Und dann viel es mir wieder ein, woran mich diese kleine Kugel erinnerte. »Sieht aus, wie die Perle eines … Drachens« Ich wollte nachschauen, ob sich noch mehr solcher Perlen im Wasser befanden, wurde dann aber davon abgelenkt.

Nur knapp zwanzig Meter von mir entfernt flog mir ein Drache Flussaufwärts den Strom entlang entgegen. Er war nicht sonderlich groß und doch knapp einen Kopf größer, als ich. Ich wusste, dass es deutlich größere Drachen, als diesen gab, doch war ich bisher nie wirklich nahe bei einem gewesen. Und nie ohne einen Daccar. Während ich den Drachen anstarrte, kam dieser langsam auf mich zu und schien mich noch nicht bemerkt zu haben. Sein Blick war auf den Fluss geheftet und schien nach etwas zu suchen. Als er nun seinen Blick hob und mich sah, kam er direkt auf mich zugeflogen. Er landete direkt vor mir und ich wich reflexartig einen Schritt zurück, ohne es wirklich zu bemerken oder meinen Blick von diesem Drachen zu lösen.
»Hey, du! Hast du zufällig …« Der Drache hatte einen raue, aber angenehm helle Stimme und … konnte sprechen. Bis jetzt hatte ich nicht einmal gewusste, dass Drachen dies überhaupt konnten. Ich starrte ihn weiter an. Seine weißen Schuppen und blanken, langen Hörner an seinem Kopf leuchteten in der Sonne und die Schuppen ließen das Licht in den verschiedensten Farben reflektieren. Der Drache war auf seinen vier Beinen Stehend fast einen Kopf größer, als ich. Ich bemerkte, wie er seinen Kopf in die Höhe meines senkte und mir direkt in die Augen sah. Dann schwenkte er plötzlich ein seiner Klauen vor meinem Gesicht herum. »Hey, bekomme ich meine Perle wieder?«
Ich blinzelte und sah verwirrt zu meiner Hand, welche noch immer die Perle hielt. Dann hob ich den Arm vorsichtig und reichte dem Drachen die Perle.
»Ich hatte schon Angst, sie nie wieder zu bekommen. Das wäre echt schrecklich gewesen! Wie ist dein Name, Junge?«
Ich brauchte einen Moment, um die Worte des Drachen auf mich wirken zu lassen. »Äh … ich … ich  … heiße Tan. Tan Omana.« Noch immer hatte ich meine Stimme nicht vollständig wieder gefunden, so gefangen war ich von dieser Situation.
»Tan also.« Der Drache schien einen Moment lang zu überlegen. Dann hob er seine buschigen Augenbrauen. »Das ist ja nicht gerade ein origineller Name.« stieß er dann heraus.
»Und…?« fragte ich trotzig. Nun amüsierte mich diese Situation eher, als dass sie mich beängstigte. Was sie wohl eher sollte, da es sich hier eindeutig um einen wilden Drachen hielt. Denn nirgends war ein Daccar zu sehen. »Mir gefällt er.«
»Na ja. Warum nicht.« Der Drache hatte es sich indessen neben mir gemütlich gemacht. Aber da er nun saß, lag sein Kopf noch höher, als vorher und ich musste nun regelrecht zu ihm aufblicken. Da hob er seine Nase ein wenig an und sah blicklos in die Ferne, als er stolz weiter sprach: »Mein Name ist Dagôn.«
Ich folgte seinem Blick, um zu sehen, wo er hinblickte. Dann sah ich ihn wieder an. »Den Namen habe ich doch schon einmal gehört. Ich kann mich nur nicht so recht erinnern, wo.«
Die Mundwinkel des Drachen hoben sich ein Stück zu einem grinsen und der Drache sah mich wieder direkt an. »Was denn? Ich wusste gar nicht, dass ich so berühmt bin« feixte er und sah sich amüsiert um. »Sogar in dieser öden Gegend.«
»Von wegen Öde.« Ich ließ ein wenig Verbitterung in meinen Worten mitklingen. »In drei Wochen ist hier wieder eine ganze Menge los! Da sind nämlich wieder diese blöden Wettkämpfe, wo die anderen ihre Daccar-Lizens haben wollen. Ich finde das unsinnig! Die lassen Drachen für sich kämpfen und bekommen dann dafür Auszeichnungen.«
»Na ja.« Unterbrach mich der Drache leise. »Eigentlich bin ich genau deswegen hier. Ich bin gerade auf der Suche nach einem Daccar. Ich habe nämlich meinem Vater etwas versprochen. Und er meinte, dass ich das nur schaffen kann, wenn ich einen Daccar finde, der mich aufnimmt.«
Ich horchte auf. »Hm? Was denn?« fragte ich neugierig und kreuzte meine Beine dabei zu einem leichten Schneidersitz.
Der Drache ging darauf ein und legte sich nun direkt vor mich, um unsere Köpfe in dieselbe Höhe zu bringen. Dann leuchteten seine gelben Augen, als er weiter sprach. »Ich habe meinem Vater versprochen, das sich erst wieder ins Drachental fliege, wenn ich eine purpurne Perle habe.«
Ich kratzte mich verlegen am Kopf. Ich wusste zwar, dass Perlen von ihrer weißen Grundfarbe grau und schließlich auch schwarz werden konnten. Aber dass Perlen noch andere Farbtöne annehmen konnten, war mir neu. »Und wie bekommt man die?« fragte ich schließlich?«
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« Antworten #5 am: 02.April.2009, 21:19:15 »

Dagôn drehte seine Perle ein paar Mal zwischen zwei seiner Klauen umher und betrachtete sie dabei nachdenklich. Schließlich sah er mich wieder an. »Die bekommt man nur wenn dein Daccar und ein Drache eine so feste Bindung zueinander haben, dass die beiden genau wissen, was der andere denkt. Wenn sie so eng zueinander stehen, dass sie die Gedanken des und Gefühle des anderen spüren können, passiert es, dass eine schwarze Perle plötzlich purpurfarben aufleuchtet und dann für immer diese Farbe behält. Zumindest sagt das mein Vater. Er hat nämlich eine. Und da ich von meinen Geschwistern immer nur gehänselt wurde, habe ich beschlossen, ihnen zu zeigen, dass ich auch etwas kann. Aber wie gesagt: Um eine purpurne Perle zu bekommen, muss ich erst einmal einen Daccar finden, der mir dabei hilft.«
»Und deswegen bist du also auf der Suche hier her gekommen. Hast du denn schon jemanden gefunden, der dir dabei hilft?«
Dagôn sah mich mit traurigem Blick an. »Nein, noch nicht. Aber ich hoffe, dass ich jemanden bei diesem Turnier finde.«
»Da wirst du aber nicht sehr viel Erfolg haben. Alle, die dort mitmachen, müssen schon eine Woche vorher den Namen des Drachen angeben, der sie dabei unterstützt.«
»Oh. So ist das also. Jetzt verstehe ich wenigstens, warum mein Bruder gelacht hatte, als ich ihm von meinen Plänen erzählte.« Dagôn sank enttäuscht in sich zusammen und starrte dem wirbelnden Wasser des Flusses hinterher. »Dann kann ich das ja wohl alles vergessen. Meine Geschwister hatten Recht. Ich tauge zu überhaupt nichts!«
Ich sah dem Drachen stumm in die Augen. Der gelbliche Schimmer seiner Iris leuchtete in der Sonne. Trotzdem schien es, als würde ich in ihnen versinken. Ich schloss meine Augen und lehnte den Kopf etwas nach hinten. Das Leben war also nicht nur zu mir unfair, sondern auch zu anderen, diesem Drachen, der nur wenige Zentimeter von mir entfernt da lag, eingeschlossen. Ich biss meine Zähne zusammen, als in mir eine Idee aufkeimte. Ich wollte kein Daccar sein und somit in die Fußstapfen meines Vaters treten, wie es scheinbar alle Welt geplant hatte. Aber andererseits traf mich das, was mir dieser Drache eben erzählt hatte, sehr. Ich konnte mich ganz genau erinnern, wie es damals mit Eran, meinem Zwillingsbruder gewesen war. Wie er sich Jahrelang für etwas besonders gehalten hatte, weil er der ältere von uns beiden war und wie ich mich immer wieder verzweifelt gegen ihn gestemmt hatte, um mich zu beweisen. Das hatte erst geendet, als wir beide etwa acht Jahre alt waren und Vater sich dafür entschieden hatte, mich anstatt ihm mit hier her nach Thal zu nehmen. Nun war er allein bei meinem Großvater im Süden geblieben. Damals war ich so stolz auf mich, dass ich ihn endlich besiegt hatte. Aber indessen. Nun, wo ich wusste, was mich erwartete. Wo ich wusste weshalb Vater mich mitgenommen hatte, wollte ich nicht mehr. Ich hatte mir schon einige Male überlegt, was wohl wäre, wenn ich und Eran nun einfach die Plätze tauschen würden. Wie er … wie die anderen wohl darauf reagieren würden…
Ich rieb mich an meiner Nasenspitze und stand auf.
»Nur Mut! Du findest schon noch jemanden.« Ich wusste nicht, ob ich selbst von diesen Worten überzeugt war, die ich eben gesagt hatte. Dann folgten diesen plötzlich Worte, die ich gar nicht geplant hatte: »Und wenn nicht. Nun ja. Vielleicht könnte ich dir ja dabei helfen. Ich will zwar eigentlich kein Daccar werden, aber vielleicht muss man das ja auch gar nicht, um mit einem Drachen zusammen zu leben.«
Dagôn hob seinen Kopf an und sah mich erstaunt an. Ich selbst konnte nicht glauben, was ich da eben gesagt hatte. Aber der Drache sah mich nun so voller Hoffnung an, dass ich mich nicht traute, diese Worte zurück zu nehmen. Und irgendetwas in mir … wollte dies auch gar nicht.
Nun sprang Dagôn auf und riss mich dabei fast zu Boden. Er hatte seine Pranken auf meine Schultern gelegt und sah mich nun mit glühendem Blick an. Er war unglaublich schwer und ich hatte Probleme, überhaupt stehen zu bleiben. »Das würdest du wirklich machen?«
Ich seufzte leise aus und nickte dann. »Warum nicht. So etwas ist sicher möglich. Zur Not frage ich einfach meinen Vater. Der ist der Daccar-Lord und wird mit Sicherheit sagen können, ob das machbar ist.«
Dagôn ließ seine Pranken wieder von meinen Schultern sinken und ich atmete innerlich aus. »Was denn? Dein Vater ist der Daccar-Lord? Wow!« Der Drache sah mich erstaunt und überrascht zugleich an. Dann nickte ich. »Meine Eltern sind beide Daccar. Früher sind die gemeinsam durch die Länder gezogen.« Mich durchfuhr ein Schwall von Stolz, als ich diese Worte aussprach. Ich konnte mir nicht sagen, woher dieser kam, doch er verschwand sofort wieder, als ich weiter sprach. »Erst ein paar Jahre nach meiner Geburt hatte sich meine Mama einen Arbeit gesucht, bei der sie auch zu hause bleiben konnte. Mein Vater reist aber immer noch herum.« Ich senkte meinen Kopf. Es war schon fast ein Jahr her, dass ich ihn gesehen hatte. Ich vergrub meine Hände in den Hosentaschen und ließ den Blick auf dem Boden geheftet. »Und da er eben der Daccar-Lord ist, denken alle, ich müsste auch ein Daccar werden. Am besten auch noch so einer, der mal in seine Fußstapfen tritt und selbst ein Daccar-Lord wird.«
»Freust du dich denn nicht, dass dein Vater jemand so berühmtes ist?« Fragte mich Dagôn plötzlich und ich hob meinen Blick.
»Doch. Natürlich! Aber ich kann es nicht leiden, dass alle über meine Zukunft entscheiden, ohne mir eine Chance zu geben, mich selbst in irgendetwas zu beweisen.«
»Hmm.« grollte der Drache. »Aber irgendwie verstehe ich dich! Mein Vater ist der älteste Drache, der auf Ason lebt. Deswegen denken die anderen Drachen auch sofort, dass jeder seiner Kinder etwas besonderes sein muss. Und da alle meine Geschwister schon irgendetwas Wichtiges erreicht haben, passe ich da nicht wirklich rein. Ich bin so was, wie das Nesthäkchen der Familie.«
Ich folgte der Erzählung des Drachen stumm. Ich war überrascht, dass es solche Dinge auch bei Drachen gab. Bisher hatte ich sie mir immer wie andere, normale Tiere vorgestellt, die eben nur mit den Elementen umgehen konnten. Niemals hatte ich erwartet, dass sie so denken und fühlen konnten, wie wir Menschen. Oder reden. Innerhalb der letzten halben Stunde war meine Meinung über diese Wesen von Grund auf verändert worden. Aber seltsamer Weise beruhigte mich dies innerlich mehr, als dass es mich verwirrte.
Schließlich streckte ich mich und gähnte laut aus und nickte dem Drachen grinsend zu. »Dann lass uns doch mal zu mir nach hause gehen. Dort rufe ich meinen Vater an und frage ihn, ob ich dir helfen kann, deine purpurne Perle zu bekommen!«
Dagôn nickte und folgte mir, als ich mich endlich vom Fluss entfernte.
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« Antworten #6 am: 02.April.2009, 21:21:07 »

Wir waren schon eine viertel Stunde unterwegs gewesen. Die Straße, an der das Haus meines Großvaters lag, war nur noch eine Ecke entfernt. Dagôn hatte den gesamten Weg über versucht, zu beschreiben, wie das Drachental aussah. Solche Häuser, wie diese, in denen wir Menschen wohnten, waren ihm vollkommen neu. Er erwähnte, dass es zwar viele Drachen gab, die in Städten im Drachental lebten. Aber die Bauten dort schienen vollkommen anders aufgebaut zu sein. Ich konnte mir nicht wirklich ein Bild daraus machen, was er damit meinte.
Schließlich bogen wir in die Straße ein und ich wollte ihm schon das Haus zeigen, in welchem ich wohnte, als ich erstarrte. Vor dem Tor zum Haus stand eine Kutsche. Die beiden Yanox, die vorne angespannt waren, sahen abwartend zur Haustür. Langsam ging ich auf die beiden Tiere zu, die etwa so groß waren, wie Dagôn. Als eines der beiden mich bemerkte, schnupperte es neugierig an mir. Doch ich beachtete es nicht.
»Was ist los?« Hörte ich Dagôn hinter mir fragen.
»Ich weiß nicht. Ich habe diese Kutsche noch nie gesehen.« Vielleicht hatte mein Großvater Besucht? Mein Magen verengte sich und ich erwog schnell die vergangene Zeit. Dann atmete ich innerlich auf. Von der Schule konnte es noch niemand sein. Diese würde erst in knapp zehn Minuten zu Ende sein. Aber wer …? Ich sah zur Haustür und erstarrte. Mein Großvater trat gerade heraus und drehte sich dabei halb zu einem weiteren Mann um, denn ich nur all zu gut kannte. Als dieser mich erblickte, zeigte sich ein warmes Lächeln auf seinem Gesicht. Ich riss meine Augen auf und trat sprachlos einen Schritt nach vorne. Dann rannte ich den Rest des Weges. »Vati!« Ich stolperte die letzten Meter mehr, als dass ich sie rannte und warf mich dann überglücklich in seine Arme. Erst, als ich den Fleck auf seinem Hemd sah, bemerkte ich, dass ich weinte. Glückstränen. Nach einem Jahr warten war mein Vater endlich wieder da. »Vati,« schniefte ich, während ich mir die Tränen mit einem Ärmel weg wischte. »seit wann bist du wieder hier?«
Er drückte meinen Kopf an seine Brust und strich mir übers Haar. Dann lehnte er mich etwas von sich weg. »Oh … ich bin erst vor wenigen Stunden hier angekommen. Und eigentlich wollte ich mich jetzt schon wieder auf den Weg machen. Ich muss noch in die Stadt. Dort wartet noch so einiges auf mich, dass noch zu erledigen ist. Du weißt ja sicher schon, dass in drei Wochen die Wettkämpfe stattfinden. Und ich als Daccar-Lord leite diese natürlich. Das heißt auch, dass ich mich um die Vorbereitungen kümmern muss.«
Ich schniefte noch einmal und sank enttäuscht meinen Blick. »Ach so. Du bist nur deswegen nach hause gekommen.« Blödes Turnier! Ich wrang die Enden meines Pullovers und sah schmollend zu Boden. »Aber dann siehst du Mama ja gar nicht. Und sie hat sich doch so gefreut, dich mal wieder zusehen.«
Als er leise auflachte, hob ich fragend meinen Blick. »Ich war vorhin schon einmal bei ihr. Gleich, wo ich in der Stadt angekommen bin, war ich zu ihr ins Büro gefahren. Aber keine Angst, mein kleiner! Ich komme heute Abend wieder hier her. Und so schnell werde ich hier auch nicht wieder abhauen. Versprochen!« Dann strich er mir vorsichtig durch das Haar. Ich sah, wie sich seine rechte Augenbraue hob und ahnte die Frage, bevor er sie aussprach. »sag mal, müsste jetzt nicht eigentlich noch Schule sein?«
Ich schluckte fest. »Doch. Eigentlich schon…« stotterte ich dann leise, wohl wissend, dass der Blick meines Großvaters mich mal wieder durchbohrte. »Aber ich bin eher gegangen. Ich musste mal wieder zum Direktor. Und danach bin ich dann gegangen.«
Mein Blick wanderte dabei vorsichtig zu meinem Großvater. »Schon wieder?« fragte er mit seiner grollenden Stimme, die mich jedes Mal fast zusammen zucken ließ, wenn er sie benutzte. »Was war es denn diesmal?«
Ich senkte meinen Blick, wohl wissend, dass mich das nicht retten würde. »Na ja. Ich bin wieder eingeschla…« Plötzlich schob mich mein Vater zur Seite und schritt an mir vorbei. Neugierig drehte ich mich um, als ich sah, dass auch mein Großvater aufsah.
»Ein Drache? Tan, seit wann hast du einen Drachen?« Es war seltsam, aber mein Vater spie das letzte Wort regelrecht aus.
Nun ging auch mein Großvater ein paar Schritte auf Dagôn zu und schüttelte dabei seinen Kopf. »Von mir hat er den nicht bekommen. Ich sehe ihn gerade auch zum ersten Mal.«
Ich trat mir unsicher auf die Füße und starrte wieder zum Boden.
»Nein.« Unterbrach Dagôn die plötzliche Stille. »Ich bin ihm unten am Fluss begegnet.« Der Drache sagte diese Worte, als wären sie selbstverständlich.
»Am Flu…?« Großvater drehte sich mit einem Ruck zu mir um. »Wie kommst du denn bitte an den Fluss?«
Ich hob meinen Blick, um zu antworten. Doch dann sah ich den durchdringenden Blick meines Vaters und mir blieben die Worte im Hals stecken. Es war lange her, dass ich ihn mit einem so wütenden Blick gesehen hatte. Und damals hatte er mir schon die Kehle zugeschnürt, obwohl er nicht an mich gerichtet war.
Endlich löste er den Blick von mir, nur um ihn in Richtung Dagôns zu schleudern. Doch dieser blieb überraschender Weise von der Wirkung unberührt. »Was suchst du hier? Du müsstest wissen, dass sich Drachen ohne ihren Daccar nicht hier aufhalten dürfen. Also?« Das letzte Wort hatte er mit deutlich lauterer und durchdringender Stimme ausgesprochen.
Dagôn schüttelte leicht seinen Kopf. »Das wusste ich nicht«, versuchte er sich nun zu verteidigen. »aber selbst wenn. Ich gehöre doch jetzt zu einem Daccar. Na ja. Fast.«
»Ach so?« Vater stützte seine Hände in die Seite und hob eine Augenbraue. »Und wer ist dieser Daccar, wenn ich fragen darf?«
»Ich bin das.« Gab ich kleinlaut zu. »Er hatte mich gefragt, und ich war gerade mit ihm hier her gekommen, um dich um … na ja, Erlaubnis zu bitten.«
Nun drehte sich mein Vater wieder vollständig zu mir. In seinem Blick war die Überraschung kaum zu übersehen. Dann lachte er leise los. »Nein. Du weißt, dass es dir nicht erlaubt ist, einen Drachen zu halten. Du hast schließlich noch keine Erlaubnis deiner Schule.« Er lies seinen Blick wenige Sekunden auf meinem Gesicht ruhen, dann drehte er sich wieder zu Dagôn um. »Wieso bist du hier in diese Gegend gekommen?«
»Weil ich nach einem Daccar gesucht habe.«
»Aber es ist euch Drachen allgemein bekannt, dass ihr euch hier nicht in der Zeit der Wettstreite aufhalten dürft, wenn ihr keinen Daccar habt.« Er ließ Dagôn dies verstehen, dann sprach er weiter: »Und falls du jetzt denkst, dass Tan dein Daccar ist, oder wird, werde ich dich enttäuschen müssen. Wir haben schon seit Jahren einen Drachen für ihn.«
Ich hielt die Luft an und starrte meinen Vater ungläubig an. »Aber …Du kannst mir doch nicht irgendeinen Drachen geben, den ich nicht mal kenne! Zumal ich doch eigentlich gar kein Daccar werden will! Außerdem habe ich Dagôn schon versprochen, dass ich ihm helfen werde!«
»Dagôn?« Ich hatte den Namen kaum ausgesprochen, als mein Vater ihn überrascht wiederholte. Er drehte seinen Blick wieder zu dem Drachen. »Du bist Dagôn?« Ich sah, wie er anfing zu zweifeln und wollte schon hoffen, doch dann schüttelte er seinen Kopf. »Diese Tatsache ändert nichts! Du musst trotzdem die Gegend verlassen. So ist es Vorschrift. Also geh jetzt bitte!« Ich hörte, wie er allen Worten Gewicht auflegte. Er benutzte seine Macht als Daccar-Lord. Und ich sah, wie sich Dagôn unter diesen Worten wand und langsam betrübt umdrehte, um zu verschwinden. Doch bevor ich weiter denken konnte, setzte sich mein Körper automatisch in Bewegung und versperrte dem nun überraschten Drachen den Weg. »Warum gehst du? Wir wollten doch zusammen bleiben!«
Der Drache senkte seinen Blick und schloss die Augen. »Tut mir Leid, Tan. Aber es muss wohl so sein. Ich werde wohl einen anderen Daccar suchen müssen.«
Ich wich nicht zurück. »Aber ich habe dir doch versprochen, zu helfen! Damit deine Perle purpurn wird. Da kannst du doch jetzt nicht einfach so verschwinden!«
Ich merkte, wie Vater und Großvater auf uns zu traten. Mein Vater sah verwirrt zwischen Dagôn und mir hin und her. »Eine purpurne Perle? Was soll das? Es gibt keine purpurnen Perlen.«
»Doch! Die gibt es sehr wohl!« Dagôn wirbelte herum. »Mein Vater hat eine!«
Wieder starrte mein Vater den Drachen an. Aber diesmal war es mein Großvater, der sprach: »So was sind doch nur Ammenmärchen. Noch nie hat jemand eine purpurne Perle gesehen. Und wenn dein Vater eine hat, warum zeigt er sie dann nicht?«
Ich seufzte bei diesen Worten leise aus. Den Grund dafür konnte ich mir denken. Es war keine fünf Jahre her, dass die Zeitungen von diesem Thema nur so überquollen. »Warum sollte er die denn zeigen? Man würde dann nur Jagt auf ihn machen. Und auch auf die restlichen Drachen, weil so eine Perle so selten und damit auch wertvoll ist.« Meine Stimme brach bei diesen Worten fast. »So war es doch auch, als man im Süden die ganzen wertvollen und seltenen Edelsteine gefunden hatte. Plötzlich sind alle da runter gezogen, um selbst nach welchen zu suchen. Hier würde es nicht anders sein. Und dann hätte Dagôns Vater keine Ruhe mehr.«
Ich hob meinen Blick nicht. Trotzdem spürte ich, wie alle drei Augenpaare auf mich gerichtet waren.
»So wird es wohl sein.« sagte mein Vater schließlich ebenso leise. »Aber wenn du selbst eine haben möchtest, bringst du dich in Gefahr, dass dies mit dir passiert, Dagôn.«
Ich hob meinen Blick und sah den Drachen an. Er trat ein wenig auf dem Platz herum, auf dem er stand und setzte sich schließlich neben einen der Büsche, welche die Straße vom Vorgarten des Hauses trennten. Er hatte sich scheinbar dazu entschlossen, nun doch zu bleiben. »Das ist mir egal! Ich möchte meinen Geschwistern nur zeigen, dass ich auch etwas kann. Und wenn ich die purpurne Perle habe, kann ich ja im Drachental bleiben. Geschützt vor den Menschen.«
Mein Vater seufzte laut aus, als er diese Worte hörte und ich spürte, wie sich ein Lächeln auf mein Gesicht geschlichen hatte.
»Also was die Sache mit den Dickköpfen angeht, scheint ihr beiden ja wunderbar zusammen zu passen.« Mein Vater schüttelte schwerfällig seinen Kopf und sah mich wieder an.
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« Antworten #7 am: 02.April.2009, 21:22:17 »

Plötzlich tauchten zwei weitere Personen hinter mir auf. Ich brauchte mich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer es war.
»Hey, Tan.« Meros quietschende Stimme war unverkennbar. »Warum bist du denn nicht mehr in den Unterricht gekommen?« Sein wildes, blaues Harre, von dem hier einige Anwohner meinten, es würde gefärbt sein, tauchte neben mir auf und umrandete das breit grinsende Gesicht. Es war immer wieder seltsam, ihn direkt anzusehen. Mero kannte ich nun schon, seit ich hier lebte. Seit meinem achten Lebensjahr. Vier Jahre. Und doch kam es mir so vor, als würde ich ihn schon ewig kennen. Er war von einer hier in Kims lebenden Familie adoptiert worden, als er drei Jahre alt gewesen war. Und damals schon hatte er dieses blaue Haar gehabt. Und er war der einzige, der mich im Schwimmteam besiegen konnte. »Du hast echt was lustiges verpasst!« Fuhr er nun fort. »Als du bei Direx warst, war Carvin auch einge…« plötzlich hielt er inne. Ich folgte seinem Blick und sah meinen Vater nun direkt neben mir stehen. »Oh! …OH! Gu…guten Tag, Mr. Omana.« kam es nun stotternd aus seinem Mund. Auch Carvin, der andere Junge, ein eher schmächtiger, viel zu klein für sein Alter geratener Junger mit kurzen, blonden Haaren, starrte meinen Vater nun an. »Seit wann sind sie denn wieder hier in Kims?« Fragte Mero, um die ihm peinliche Situation zu umgehen.
Ich sah im Augenwinkel, dass mein Vater den beiden zunickte und sagte dann lächelnd: »Es freut mich, euch wieder zu sehen. Ich bin erst vor wenigen Stunden hier angekommen.« Dann sah er zu mir und legte seine rechte Hand auf meinen Kopf. »Und eigentlich wollte ich  schon längst wieder los machen. Was ich jetzt wohl am besten nachhole, denn sonst werde ich nicht rechtzeitig fertig.« Er hob seine Augenbrauen und sah mich einen Moment lang schweigend an. »Über unser „kleines“ Problem reden wir heute Abend noch einmal, verstanden?« Er fuhr mit seinen Fingern durch mein Haar und brachte es etwas durcheinander, eh er zweimal sacht auf meine Schulter klopfte. Dann ginge er an den beiden vorbei und ich sah, wie er Dagôn noch einen Blick zuwarf.
»W… Wiedersehen, Mr. Omana.« riefen Mero und Carvin im Chor hinter meinen Vater her, während ich ihm stumm hinterher blickte. Dann merkte ich, dass die beiden zusammen fuhren, als sie Dagôn unter der Hecke liegend bemerkten.
»Wow!« entfuhr es Carvin. Er drehte seinen Kopf zu mir um. »Ist das der Drache von deinem Vater?« fragte er atemlos und sah dann wieder zu Dagôn.
»Nein, Carvin. Er ist mir unten am Fluss begegnet. Ich möchte ihm dabei helfen, dass seine Perle purpurrot wird.«
Die beiden drehten zeitgleich ihre Köpfe zu mir und sahen mich zweifelnd an. »Eine purpurrote Perle? Ich dachte, das ist nur ein Märchen.«, fragte Carvin ungläubig.
»Ist es nicht. Dagôns Vater hat selbst eine. Und er hat seinem Vater versprochen, auch so eine purpurne Perle zu bekommen. Vorher will er nicht mehr nach hause. Und ich möchte ihm dabei helfen. Selbst, wenn ich dafür ein Daccar werden will.« Ich hielt kurz inne. Langsam glaubte ich selbst an das, was ich da sagte. Obwohl ich die letzten Worte eindeutig ungeplant ausgesprochen hatte. Als wenn es irgendetwas in mir gab, was dies wollte.
Mero hob seine rechte Augenbraue und musterte mich schmunzelnd. »Du ein Daccar?« Er lachte auf. »Dann hättest du aber nicht den ganzen Unterricht verschlafen sollen. So fehlt dir doch die ganze Theorie!«
»Na ja. Die schon. Aber in der Praxis war er dann irgendwie immer ziemlich gut. Deswegen ist er ja bis jetzt immer weiter gekommen.« warf Carvin, ebenfalls lachend, ein.
Ich spürte, wie mir Schamesröte ins Gesicht stieg, als ich Dagôns grinsenden Blick bemerkte. »Ach! Ihr habt ja keine Ahnung!« nörgelte ich leise und drehte mich zu meinem Großvater um, der dies alles stumm beobachtet hatte. Noch immer sah er mich mit skeptischem Blick an. Doch dieser blieb nicht lange, als er mein überglückliches Gesicht bemerkte.
»Dürfen wir ins Haus? Ich möchte ihnen unbedingt Dagôn vorstellen.« Ich setzte meinen geübten Bettelblick auf und konnte regelrecht sehen, wie sein Herz weich wurde.
Großvater seufzte laut aus, rollte seine Augen nach oben und nickte dann schließlich.
Vor Freude strahlte ich bis über beide Ohren und gab den beiden Jungs und dem Drachen ein Zeichen, mir ins Haus zu folgen.

-Ende Kapitel 1-
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« Antworten #8 am: 07.April.2009, 15:25:23 »

 Interessante Einleitung. Das verspricht einen spannenden Stoff.^^ Ich werd dranbleiben.
Ich werd dann mal weiterlesen. Smiley


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« Antworten #9 am: 10.April.2009, 23:56:59 »

Ich finde den Prolog gut geschrieben.^^ Tamaris Aufwachen hat mich zum Schmunzeln gebracht.
Du stellst die Orte sehr klar vor und mir gefällt auch sehr, dass du Vorkommendes nicht zu detailiert beschreibst. 
« Letzte Änderung: 11.April.2009, 00:00:50 von Kaya Ti » Gespeichert
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