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Autor Thema: Metamorphose I (...und immer wieder geht die Sonne auf)  (Gelesen 1479 mal)
Greldon
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« am: 09.Dezember.2007, 17:52:15 »

Derzeit arbeite ich an dem dritten und letzten Teil meines Metamorphosen-Zyklus.
Es handelt sich dabei um drei Geschichten, die alle völlig unterschiedliche Längen haben ("Metamorphose I" ist hierbei die definitv kürzeste), unterschiedliche Handlungen aufweisen und letztlich dann doch eine Gemeinsamkeit aufweisen und vor allem sich auf gewisse Art und Weise ergänzen.

Ähnlichkeiten zu lebenden / nicht-lebenden Drachen und Nicht-Drachen sind rein zufälliger Natur.

Viel Spaß beim Lesen.

Euer Greldon
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Greldon
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Wesen & Alter: Drache. 38
Beiträge: 110



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« Antworten #1 am: 09.Dezember.2007, 17:54:02 »

Metamorphose (...und immer wieder geht die Sonne auf)


Der ekelerregende Gestank von Urin und verbranntem Fleisch stieg ihm in die Nase und er war der Ohnmacht nahe. Es war sein eigens Fleisch, das er riechen musste und der Schmerz trieb ihn beinahe in den Wahnsinn, als sich das weißglühende Ende der Eisenstange immer wieder in seine Brust brannte.
Er konnte ihre Sprache nicht verstehen, doch ihr rohes Gelächter bedurfte keinerlei Worte, ihre Handlungen waren von abgrundtiefem Hass getrieben.
Er wusste nicht mehr, wie lange er schon in ihrer Gewalt war, seit Tagen schon folterten, demütigten und missbrauchten sie ihn aufs Brutalste.
Er wusste nicht, dass ein paar hundert Kilometer entfernt ebenfalls zwei Soldaten entführt worden waren und aus diesem Grund nun ein blutiger Krieg die Welt in den Abgrund zu stürzen drohte.
Er wusste jedoch, dass sein mit ihm zusammen verschleppter Kamerad aus dem gleichen Bataillon bereits tot war. Er hatte mitansehen müssen, wie sie ihn vor laufenden Kameras enthauptet hatten.
Er wusste, dass diese Bilder nun im Internet und im Fernsehen kursierten und ihm war bewusst, dass auch er verloren war.

Nur, wo war der Sinn darin?

Er war in dieses Land gekommen, um Freiheit und Demokratie zu sichern, die Sicherheit der ersten freien Wahlen zu gewährleisten. Er war damals nicht dabei gewesen bei der großen Militäroffensive gegen diesen Staat, er hatte nichts zu tun mit irgendwelchen durchgedrehten Mareens, die ein Massaker an unschuldigen Zivilisten anrichteten und er  hatte in seiner Heimat wiederholt gegen das unmenschliche Lager von Guantanamo demonstriert.

Er war hier, weil er an Ideale glaubte, an Frieden und Freiheit, an Menschenrechte.
Erneut durchzuckte ihn ein unbeschreiblicher, feuriger Schmerz und er sah auf einem Auge nichts mehr.
Er dachte an seine Eltern im fernen Oklahoma und an seine Frau Mary, die ein Kind von ihm in ihrem Leibe trug. Niemals würde er dieses Kind auf der weitläufigen Farm zu Hause aufwachsen sehen. Niemals mehr würde er bei seiner Familie, seinen Freunden sein können.

Sein Leben lief vor seinem geistigen Auge ab wie ein Film - Erinnerungen, Bilder...
Er hatte sein Leben zwei Dingen verschrieben, Gott und den Drachen.

Drachen waren seine große Leidenschaft gewesen. Alles, was er an Büchern und Aufsätzen, an Filmen und Figuren hatte auftreiben können, hatte er gesammelt und sorgfältig in einem eigenen Zimmer aufbewahrt. Was würde nun aus all den Sachen, wenn er nicht mehr war?

Und Gott? Wo war er jetzt? Er hatte aus Überzeugung ein religiöses Leben geführt, dennoch war er nie so fanatisch, als dass er nicht auch andere Religionen neben dem Christentum akzeptiert hätte. Allah, Gott - wo lag da schon der Unterschied?
Es war eine Ironie des Schicksals: Diese Männer hier mordeten im vermeintlichen Auftrag Allahs - und er würde ein Märtyrer Gottes werden...

Der Schmerz wurde übermächtig und er begann, sich in sein Innerstes zurückzuziehen. Das war etwas, das er  vor einigen Jahren in Oklahoma von einem befreundeten Inder gelernt hatte. Bald hört er das Lachen und die schrecklichen Stimmen nicht mehr, er nahm den Gestank nicht mehr wahr und der Schmerz wurde etwas Dumpfes, Vages.
Er fühlte etwas, das man nicht in Worte fassen konnte. Ein Schweben, eine nie gekannte Leichtigkeit.

Schreie drangen an seine Ohren, doch es waren nicht mehr seine eigenen. Er roch den Gestank verbrannten Fleisches, doch war es nicht sein eigenes Fleisch, das er roch.
Um ihn herum brannte alles lichterloh und seine Krallen zerfetzten den letzten blutüberströmten Leichnam des fanatischen Mannes, der ihm noch vor ein paar Augenblicken mit der glühenden Eisenstange ein Auge herausgebrannt hatte.

Er blickte nicht mehr zurück auf das Verderben unter sich. Er stieß seinen prächtigen Körper mit kraftvollen Flügelschlägen dem hellen Licht entgegen. Seine Schuppen schimmerten wie Golddukaten in den Strahlen der aufgehenden Sommersonne.  

ENDE
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Auruliyuth
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« Antworten #2 am: 10.Dezember.2007, 16:14:39 »

*nachdenklich ist*

sehr eindrucksvoll und nachvollziehbar geschrieben, danke
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Niveau ... ist keine Handcreme Wink

Für Jene, die an Drachen glauben, ist keine Erklärung nötig
Für Jene, die nicht an Drachen glauben, ist keine Erklärung möglich


 
Tuuli
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« Antworten #3 am: 16.Dezember.2007, 16:00:53 »

Ich schließe mich Auru an. Man kann sich sehr gut in diese Lage hineinversetzen.
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...wenn einem nämlich etwas wirklich Wichtiges passiert ist, sorgt das Schicksal in der Regel dafür, dass es zu einem zurückkehrt und man eine zweite Chance erhält.
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